Sandro und ich passen absolut nicht zum Zürichberg. Da fahren ja nur superoperierte Mütter mit ihren Offroadern ihre Kartoffeln von der Privatschule zum Tennis und dann zur Klavierstunde.
Ausserdem gibt's da oben weder tolle Cafés noch Clubs, geschweige denn irgendwelche Döner-Läden und Kioske, die die ganze Nacht geöffnet haben.
Nichtsdestotrotz gehen Sandro und ich neulich mehr aus Jux eine Wohnung am Bonzen-Berg anschauen. Und wie das so ist am Bonzen-Berg, sind die Besichtigungen exklusiv.
Zeigen tut sie Herr R. Herr R. ist der Besitzer. Die Immobilie ist wunderbar. Das Vierfamilienhaus auf einer Seite ganz rund. Und hell und schön und charmant. Das Beste aber ist der riesige Gemeinschaftsgarten. Sieht wie in einem Märchenwald aus.
Herr R. sagt, dass er keine Kartoffeln im Haus will. Und keine WGs. Und niemanden unter 40. Super, bis hierhin sind wir perfekt.
Herr und Frau R. wohnen auch im Haus. Im EG. 170 Quadratmeter nur für sie. Ein Teil des Gartens ist auch exklusiv nur für sie. Find ich okay.
Die ausgeschriebene Wohnung ist 130 Quadratmeter gross. Verteilt auf 4,5 Zimmer. Eigentlich sehr perfekt für eine Familie. Weil Garten, weit und breit keine befahrene Strasse und zig Spielplätze in der nahen Umgebung.
Aber mais bon, die Rs sind hier Boss.
Die Küche ist olivgrün. Sehr modern. Sehr geil. Das Bad ist hellblau. Woow. Der Balkon dafür ein Witz. Mehr so ein French-Balkon-Dings oder wie das heisst. Reicht knapp, um da husch eins zu rauchen.
Ich wünsche mir sehr einen Balkon. Aber man könnte hier drüber hinwegsehen. Wegen des Gartens, der für alle zugänglich ist.
Wer sind eigentlich alle, frage ich Herr R. Eben, er, seine Frau, dann ein ETH-Professor um die 60ig und seine Frau. Dann noch eine Dirigentin und ein Opernsänger.
Ich lache laut. Sandro lacht auch.
Herr R. will wissen, was wir beruflich machen. Sandros Job heisst er gut. Bei mir kommt er nicht ganz draus. Was okay ist. Ich schnall's ja oft selber nicht ganz.
Ob ich Homeoffice mache, fragt er. Sicher, sage ich. Findet Herr R. nicht gut. Er mag berufstätige Menschen, die morgens aus dem Haus gehen und abends wieder nach Hause kommen.
WTF.
Ob wir viel Familie und Freunde haben? Bevor wir antworten können, schiebt er hinterher, dass der Garten nur für Mieter ist. Nicht für Mieter-Freunde und -Familie. Grillen darf man übrigens auch nicht. Ganz allgemein keine «Fäschtli» im Garten und um 21 Uhr ist Nachtruhe.
«Aber wohnen darf man schon hier?», fragt Sandro. «Und was, wenn wir um 21.04 Uhr niesen müssen?» Ich lache. Herr R. nicht.
Wenn wir schon bei den Hausregeln sind, der Opernsänger darf nur am Samstagmorgen von 9 bis 10 Uhr singen. Da erwartet er dann Toleranz auch von uns.
Ich sag, dass das easy ist. Meist kommen wir kurz vorher aus dem Ausgang zurück und haben so einen sitzen, dass wir bei jedem Lärm schlafen können.
Herr R. findet es nicht mehr so lustig.
Nach 30 Minuten fragt er, ob wir interessiert sind. Und wie, sage ich. Er drückt uns ein Anmeldeformular in die Hand. Sollen wir heute noch ausfüllen und ihm zusammen mit dem Strafregisterauszug (WTF) und unseren Betreibungsregisterauszügen mailen.
Daheim angekommen schauen wir das Anmeldeformular an. Drin steht, dass man Nichtraucher sein muss. Und keine Instrumente spielen darf. Keine Tiere halten darf. Und dann sind noch einmal die Garten- und die Hausregeln aufgeführt.
Waschen darf man nur unter der Woche zu Bürozeiten. Also dann, wenn man ausser Haus sein muss, weil es Herr R. so mag. Homeoffice und Waschen? Geht nicht!
Wir füllen das Zeugs mehr aus Spass aus. Sandro schreibt, dass er Nichtraucher ist. Nur Kiffen. Aber nur eigenes Zeug. Sei ja sicher easy, könne er gut im Gemeinschaftsgarten ziehen, seine Pflanzen.
Strafregisterauszüge legen wir nicht bei und vermerken, dass er kein Einsichtsrecht hat und dass es assi ist, einen solchen zu verlangen. Betreibungsregister legen wir bei. Zweimal alles sauber.
Dann legen wir noch ein Schreiben bei. Dass wir es schön fänden, etwas Leben in die zu Bude bringen. Wir schreiben auch, wie wir den Garten umplanen wollen. Mehr Tische, mehr Stühle und ein paar Liegenstühle. Noch ein aufblasbarer Pool. Voll geil.
Dann schicken wir das Dossier ab.
Es dauert keine 15 Minuten, bis Herr R. antwortet.
«Sie sind keine gute Menschen. Solche Leute wie Sie wollen wir keinesfalls in unserem Haus oder in der Nähe haben. Betrachten Sie diese Zeilen als offizielle Absage.»
Falls zufällig jemand von euch in diese Wohnung gezogen ist, liebe Leute, ladet uns bitte im Frühling zum Grill ein. Wir können immer und wir können sehr lange und wir bringen Gras, Bier und Space Cakes mit. Danke.
Der Beitrag ist in etwa gleich innovativ wie das neue Watsondesign.
Gruss
Chorche, setzt seine Hoffnung auf die Kommentarspalte