Verkäuferinnen seien die schlimmsten. «Weisst du, die Parfüm-Tanten in den grossen Kaufhäusern, schrecklich», sagt er. Und dann Kosmetikerinnen, Coiffeusen, Naildesignerinnen. «Die sind doch hohl, sonst würden sie was anderes machen, nicht!?»
Ich glaube nicht. Meine Kosmetikerin liebt ihren Job mehr als ihren Mann. Vielleicht nicht mehr als ihr Kind, aber sicher mehr als ihren Mann. Und die Coiffeusen im Salon meines Vertrauens fühlen ihre Arbeit auch von Kopf bis Haarspitze. Parfüm-Verkäuferinnen kenne ich keine persönlich.
Was ich aber denke, ist Sven egal. Der ist so in Fahrt, dass er kaum dazu kommt, Luft zu holen. «PR-Chicks, schrecklich. Weisst du, was noch schlimmer ist?» Ich verpasse die eine Sekunde, die ich habe, um zu Wort zu kommen. «Journalistinnen! Autorinnen! Kolumnistinnen!»
Wo er denn seine News konsumiere, will ich wissen. «Nirgendwo, alles Fake News, alles bad News!» Bücher mag Sven. Die liest er aber nur in den Ferien. An das letzte kann er sich nicht erinnern. Eine Biografie vielleicht. Muhammed Ali könnte es gewesen sein.
Langsam macht mir dieser Sven, den ich ganz sicher nie heiraten werde, Spass. Wir lernten uns neulich vor einer Bar beim Rumstehen kennen. Nun also sitzen wir da. Gleiche Bar, anderer Groove.
Was ich beruflich mache, fragt Sven gar nicht. Kommt mir gerade gelegen. Ich frage ihn, was für Kolumnen er liest, dass er Kolumnisten und Kolumnistinnen so scheisse findet. Früher habe er Michèle Roten im TagiMagi gelesen. Fand er gut. Alle anderen.. spülen. «Aber dali!»
Was er von Singlekolumnen hält, will ich wissen. «Abschaum, was interessiert mich, was irgendwelche Kolumnistinnen im Bett oder an Dates erleben!? Alles Narzissten.» Wenn jetzt Sven die Wahl zwischen einer Parfüm-Tante und einer Kolumnistin hätte, welche würde er daten? «Pha, das ist ja eine Pest-oder-Cholera-Wahl!»
Ob er Emma Amour kennt, frage ich. «Emma what!?» Amour, sage ich. Er schüttelt den Kopf. Ich öffne die Watson-App und zeige ihm den Blog. Er soll doch einen Text lesen und mir ehrlich sagen, was er davon hält. «Bitte nicht!?», sagt er. Ich beharre aber drauf.
Er entscheidet sich für den Text über den Typen, der meiner Vagina den Namen seines Hündlis gab. Ich beobachte Sven, während er liest. Er atmet laut. Und schwer. Und er zieht heftig an seiner Zigarette.
«So ein Scheiss», sagt er. «Wer liest sowas!? Und wer ist diese Emma Amour!?» Dann: «Fuck, kriegt die Stutz dafür?» Kriegt sie, sage ich. Woher ich das weiss und ob ich Emma persönlich kenne, will er aber gar nicht wirklich wissen. Zu sehr ist es damit beschäftigt, sich all seine Fragen selber zu beantworten.
Wir reden, nein, falsch, er motzt noch ein bisschen über dies und das, bevor wir uns verabschieden. Es ist nonverbal klar, dass das unser erstes und letztes Date war. Ein paar Tage später habe ich Sven schon vergessen, als wir uns zufällig an der Tramhaltestelle begegnen.
Biz Smalltalk, biz mühsam, biz holzig, bis es aus ihm rausschiesst: «Diese Emma Amour, ich habe letztens noch ein paar mehr Texte von ihr gelesen», erzählt er. Irgendetwas habe ihn fasziniert. Vielleicht schreibe er ihr mal eine Mail. «Tu das» antworte ich.
Zwei Tage später öffne ich meinen Emma-Mail-Account. Und da ist sie nun also, die Mail von Sven:
«Hallo Emma, ich bin mit Sicherheit dein grösster Fan von Anfang an. Seit deiner ersten Kolumne überlege ich mir, was ich dir schreiben soll, so sehr verehre ich dich. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für Frauen, die schreiben. Ich bin ein aufgeschlossener und offener Typ, der sich sehr für seine Mitmenschen interessiert und einen guten Job hat. Es würde mich ausserordentlich freuen, wenn ich dir bei einem Caipi mehr über mich erzählen dürfte und auch etwas über dich erfahren könnte. Liebe Grüsse, Sven.»
Haha. Flunker-Sven. Immerhin bringst du mich in diesem Leben doch noch einmal zum Lachen. Dafür danke. Und ebenfalls liebe Grüsse, Emma.
Adieu,
PS: Ich würde gerne dein Gesicht sehen, wenn du diese Kolumne hier liest.
PS: Ich würde gerne Svens Gesicht sehen, während er das liest 😂