Ich bin mit meinen Brüsten zufrieden. Sie sind nicht zu gross und sie sind nicht zu klein. Okay, die rechte ist biz grösser als die linke. Aber wenn mans nicht weiss, sieht man es nicht. Und auch wenn.
Ich bin also wirklich sehr okay mit meinen Brüsten. Und in diesem Fall stehen die Brüste für die Beziehung zu mir selber.
Ich muss etwas ausholen: Letzten Sonntag an der Geburtstagsparty meines Onkels erinnerte mich meine Tante daran, dass die Bio-Uhr tickt. «Kind, die Brüste! Die stehen nicht ewig!», sagte sie zu mir. Sie sagt diesen Satz immer. Zu Weihnachten, Ostern, an Geburtstagen. Sogar an Beerdigungen.
Die Tante will mich einfach unter der Haube sehen, bevor die Möpse hängen. Weil: Frauen mit hängenden Boobs will keiner. Meint sie. Meine Mutter sieht es ähnlich. Die formuliert es vielleicht biz dezenter. Die Kernaussage ist aber die gleiche.
Schon klar. Ich bin jetzt altersmässig da angekommen, wo die meisten Kartoffeln machen, viele sogar die zweite oder dritte, und heiraten. Find ich super. Wenns passt. Was ich nicht so super finde: Warum denken die meisten, die sesshaft werden, dass das Sesshaftwerden das einzig Wahre ist? Und wer nicht sesshaft wird, zwangsweise als crazy Cat Lady endet?
Dabei mag ich Katzen nicht mal. Ich habe nichts gegen sie. Ich will sie einfach nicht daheim haben. Nicht auf meinem Sofa, nicht in meinem Bad und schon gar nicht in meinem Bett.
Nicht nur deswegen habe ich keine Angst, dass ich mal eine crazy Cat Lady werde. Ich habe einfach per se wenig Angst um meine Zukunft. Ich glaube, dass man die Gegenwart verpasst, wenn sich alles um die Zukunft dreht. Ausserdem bin ich mir sicher, dass Zukunftsängste oft dazu führen, dass man sich auf jemanden einlässt, der zwar ganz okay passt, aber nicht «the one» ist.
Ausserdem glaube ich an Vorbestimmung. Begegnungen, die zwar ganz zufällig daherkommen, sind meiner Meinung keine. Ich glaube, dass das Schicksal am Ende des Tages die Menschen zusammenführt, die zusammen gehören. Wie viel «falsche Partner» davor unsere Wege kreuzen variiert von Mensch zu Mensch. Das ist aber auch nichts Schlechtes. Ich habe mit vielen «falschen» Männern enorm gute Zeiten erlebt.
Und wenn mein Schicksal meint, dass es noch ein paar Mister Wrongs braucht bis zu meinem finale grande, dann ist das voll okay. Habe ja dann immer noch viele Jahre, die ich mit the one verbringen kann.
Logo, irgendwann einmal wirds schwierig mit Kartoffeln zeugen. Aber da bin ich noch nicht angekommen. Also warum jetzt schon Panik schieben, wo es auch laut meiner Gynäkologin (zumindest noch) keine Panik braucht?
Zurück zu meiner Tante. Ich will wissen, wann es denn zu spät ist, und warum? Und was denn mit all denen ist, die sich von mir aus erst nach 40 niederlassen. Und was mit denen ist, die sich nie niederlassen und damit happy sind? Oder mit Menschen, die sich gegen Kartoffeln entscheiden und null Stress haben?
Die Tante, okay, sie ist 72, hält von all dem nichts. Andere Generation, andere Ambitionen. So sehr ich sie verstehe, so sehr wünschte ich mir, sie würde ihre Sichtweise nur ein bisschen öffnen.
Als ich mir an der Bar das Weinglas auffüllen lasse, höre ich eine mir sehr vertraute Stimme, die ich nicht mehr lieben könnte:
«Schau dich mal um, Herz. Tante Irene und Onkel Fredy, er hat sie jahrelang betrogen. Guck mal da hinten, Karl und Paula. Sie nimmt ihm heute noch übel, dass er nie da war, als die Kinder klein waren. Da ist so viel Frust.»
Ich lächle und lehne mich an die Schulter, die zu dieser Stimme gehört.
«Und nun zu der jüngeren Generation. Hinten links haben wir Cousine Andrea, zwei Kartoffeln, null Liebe zwischen ihr und dem Kartoffeln-Papa. Und Andreas Bruder Thomas, hat zwar Silvia und Hund Köbi und eine hübsche Wohnung in Kloten. Aber ich sag dir eines, heimlich würden sowohl Silvia als auch Thomas gerne mit dir tauschen.»
Wir prosten uns zu.
«Weisst du, Schatz, und ich weiss, dass du das weisst, die allerwichtigste Beziehung ist die zu sich selber. Du bist der einzige Mensch, mit dem du es bis ans Ende deiner Tage aushalten musst. Deswegen ist es so wichtig, dass du es gut mit dir hast, dass du dich gerne hast. Dass du dir grundsätzlich wohlgestimmt bist und dass du dich liebst. Das tust du. Du liebst dich wahrscheinlich nicht ganz so fest wie ich dich liebe, aber du liebst dich. Es ist alles gut. Emma, es ist alles bestens. Dein ganz persönliches happy End ist in Sicht.»
Okay, jetzt wirds husch kitschig: Zwei Tränen kullern meine Backen runter.
Dann stellt die mir so geliebte Stimme die eine Frage: «Wie geht es eigentlich Suff-SMS-Sandro?»
Nun, Danke der Nachfrage, lieber Papa. Suff-SMS-Sandro gehts tipptopp.
Adieu,
Atavar
Bullshit detected. Ich kritisiere deine Einstellung ja immer mal wieder - schlussendlich musst du zufrieden sein.
Beziehungen sind aber leider kein Schicksal und immer Eigeninitiative, eigener Wille, eigenes Engagement.
Können viele, die dein Mindset haben, nicht verstehen und bestätigen (fast) alle, die in glücklichen, langen Beziehungen sind...
jjjj
Ok, wirkt etwas gezwungen, den eigenen Lifestyle und die krampfhafte Unverbindlichkeit zu rechtfertigen.
Kaspar Floigen