Scott Macklem starb jung. Gerade einmal 20 Jahre alt war der Student, als er 1986 auf dem Parkplatz seiner Universität im amerikanischen Port Huron erschossen wurde. Ein Jahr später wurde ein weiterer junger Mann zu lebenslanger Haft verurteilt: Fred Freeman, damals selbst gerade ein 23-Jähriger. Der sitzt nun seit 36 Jahren wegen Mordes im Gefängnis.
Freeman und seine Anwälte halten das Urteil für falsch. Das berichtet der US-amerikanische Fernsehsender NBC. Ihr Hauptargument: Es gibt keine Beweise dafür, dass Freeman, der inzwischen Temujin Kensu heisst und zum Buddhismus konvertiert ist, überhaupt in Port Huron war.
Das Urteil war 1986 unter der Annahme gefallen, der damals junge Mann hätte in Escanaba ein Privatflugzeug gebucht, das ihn ans andere Ende von Michigan gebracht hätte. Dort habe er dann Macklem erschossen, sei zum Flughafen zurückgekehrt und sich von Port Huron zurück nach Escanaba fliegen lassen. Einfache Distanz: 700 Kilometer.
«Das ist so unwahrscheinlich, dass es nicht zu glauben ist», sagt Harvey Setter. Der 82-Jährige ist Luftfahrtexperte und hat einen der Briefe geschrieben, auf die sich die Anwälte Freemans bei ihrem neuen Versuch stützen, den aus ihrer Sicht zu Unrecht Verurteilten freizubekommen.
Sie haben Setters Brief an Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer geschickt, zusammen mit dem zweier weiterer Experten. Whitmer, so die Hoffnung, könnte Freeman begnadigen.
Es ist nicht der erste Versuch – im Gegenteil, es könnte der letzte sein. Denn Freemans Anwälte haben bereits so gut wie alles versucht, immer wieder Berufung eingelegt, neue Belege für die vermeintliche Abwegigkeit eines Fluges quer durch den Bundesstaat präsentiert.
Doch sie wurden immer wieder abgeschmettert – zuletzt durch den Generalstaatsanwalt Michigans, der argumentierte, es gebe keine Beweise für Freemans Unschuld. Zu der Frage, ob es Beweise für dessen Schuld gibt, äusserte sich die Behörde nicht.
Ein Fehler, so Freemans Anwalt Imran Syed. Die Experten, deren Briefe er an Whitmer geschickt habe, hätten sich mit dem Fall befasst und bewertet, ob ein solcher Flug auf diese Art möglich gewesen wäre. «Und sie haben sich klar festgelegt: Das wäre es nicht.» Er hoffe auf die Gouverneurin: «Es gibt einfach keinen Weg, auf dem er dieses Verbrechen hätte begehen können. Es gibt keinen Grund, ihn im Gefängnis zu lassen.»
Der beschlagene Kampfsportler Freeman erhielt während des Prozesses 1987 den Spitznamen «Ninja-Killer». Während der Verhandlung hatte die Anklage ihn als aggressiv dargestellt und den Piloten Bob Evans als Zeugen gerufen, der den Mann zwar nicht in der Nähe des Flughafens gesehen hatte, aber argumentierte, es sei möglich, zum Rollfeld zu kommen und spontan einen privaten Flug zu mieten.
Es hingen jederzeit Piloten in der Nähe ihrer Flugzeuge ab, die bereit gewesen wären, Freeman nach Port Huron und zurückzubringen. Dem gegenüber stehen Zeugen der Verteidigung, die bis heute erklären, der damals 23-Jährige sei mit ihnen zum Todeszeitpunkt Macklems in Escanaba gewesen und damit 700 Kilometer entfernt.
Bob Evans ist inzwischen tot – und seine Glaubwürdigkeit aus Sicht der Verteidigung zweifelhaft. Ein ehemaliger Angestellter des Flughafens erklärte, dass ein solcher Flug in Escanaba aufgefallen wäre. «Der Flughafen wird oft tagelang nicht genutzt. Kein Flugzeug hebt in dieser Zeit ab.»
Deshalb sei die Idee, dass Piloten dort auf Laufkundschaft warten würden, eine «komplette Erfindung». Ein anderer Mann, der den Piloten vor seinem Tod gekannt haben soll, schrieb in seinem Brief an die Governeurin, Evans sei zwar sein Freund gewesen, aber «nicht gerade bekannt für seine Ehrlichkeit». Whitmers Büro habe sich noch nicht dazu geäussert, wie sie mit den Briefen der Experten umgehen will – und ob sie eine Begnadigung Freemans für denkbar hält.
Doch warum soll der junge Mann eigentlich vor fast 40 Jahren in ein Flugzeug gestiegen sein, insgesamt 1400 Kilometer zurückgelegt haben und einen 20-Jährigen erschossen haben? Eifersucht, argumentierte 1987 die Anklage: Das Opfer, Scott Macklem, soll mit Freemans damaliger Verlobten ausgegangen sein.
In jedem anständigen Rechtsstaat muss die Schuld bewiesen werden um jemanden zu verurteilen. In den USA kann man anscheinend jemanden einsperren, wenn er seine Unschuld nicht beweisen kann. Bananenrepublik nenne ich das...
!?!?!?
Und
«Das Urteil war 1986 unter der Annahme gefallen, der damals junge Mann hätte in Escanaba ein Privatflugzeug gebucht (...)»:
Sorry, aber für einen solchen Hin- und Rückflug müssten ja easy-peasy eindeutige Beweise vorhanden sein.
Aber hier nimmt man einfach an?!
...
WTF?