Soll die Schweiz einen dritten Geschlechtseintrag einführen, der auch non-binären Menschen ein Existenzrecht zuspricht? Oder den Geschlechtseintrag komplett abschaffen?
Wer bei Medienbeiträgen, die nach Nemos ESC-Sieg – einer non-binären Person – veröffentlicht wurden, einen Blick in die Kommentarspalte wirft, denkt vermutlich ziemlich schnell: nein.
Als Unbetroffener ist es auch für mich verlockend, das mir Fremde kategorisch abzulehnen. Doch vielleicht müssen wir, um die Wahrheit zu erkennen, einen Schritt zurück machen, und uns fragen: Warum ist uns der Geschlechtseintrag so wichtig?
Ein Geschlechtseintrag bringt Rechte und Pflichten mit sich. Sei das beim Mutterschutz der Frauen. Oder beim Militärdienst der Männer. Würde der dritte Geschlechtseintrag kommen, müsste man neue Definitionen finden, die dafür auch gelten. Und das wäre absolut machbar.
Natürlich würde es Personen geben, die versuchen würden, das System auszutricksen – wir sprechen hier aber von Einzelfällen.
Das wurde auch schon bei den Geschlechtsänderungen befürchtet, die seit 2022 möglich sind. Doch wie ein vor einem halben Jahr veröffentlichter Bericht des Bundesamts für Justiz zeigt, kann eine «systematische missbräuchliche Ausübung» ausgeschlossen werden. Sollte sich trotzdem ein missbräuchliches Verhalten feststellen lassen, könnte man das strafrechtlich verfolgen.
Doch wozu eigentlich das ganze Theater, wenn wir den Geschlechtseintrag einfach abschaffen könnten? Geschlechtsgebundene Gesetze sind etwas Patriarchales und veraltet. Wenn das eine Geschlecht gegenüber dem anderen noch irgendwelche Privilegien geniesst, hat die Gleichstellung versagt. Es braucht also politischen Willen, genau da anzusetzen.
Etwa ein Vaterschaftsurlaub, der so lange dauert wie der Mutterschaftsurlaub. Das würde dazu führen, dass Frauen nicht mehr wegen einer möglichen Schwangerschaft vom Arbeitgeber diskriminiert würden. Oder eine Militärpflicht für alle, die dem Anspruch einer modernen Landesverteidigung gerecht werden würde.
Mich stört diese Pseudo-Diskussion darüber, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt. Die Natur ist unberechenbar und folgt allem anderen als einem Schwarz-Weiss-Schema. Es gibt intersexuelle Menschen, die mit Eierstock- sowie Hodengewebe geboren wurden. Andere, die ein Y-Chromosom haben, aber trotzdem weibliche Genitalien haben. Wir wissen eigentlich nur, dass wir nichts wissen.
Doch wenn man die Kommentarspalten zu Geschlechter-Beiträgen liest, merkt man schnell, was die Menschen mit einer ablehnenden Haltung Non-Binären gegenüber wirklich befürchten: Sie nennen es «pure Fantasiegebilde» oder «Ausnahme genetischer Schäden». Sie haben Angst, dass man ihre Kinder verwirrt, ihnen eine «Sexualität einpflanzt», und sie finden, es «brauche heutzutage mehr Mut, sich als Hetero zu bekennen». «Heute Mann, morgen Frau, übermorgen non-binär», schrieb ein User. Solche Sätze können nur von privilegierten Menschen stammen, die keine Ahnung haben, wie es ist – seit Geburt – anders zu sein. Aber doch zu existieren. Und auch ein Recht haben zu wollen auf die eigene Existenz.
Doch nicht nur im Internet und am Stammtisch wird damit argumentiert, auch aus der bürgerlichen Politik heraus heisst es, dass es «nicht die Aufgabe des Staates sei, Gefühle amtlich zu registrieren». Dabei: Der einzige Grund, weshalb es einen Staat braucht, ist, weil wir überhaupt Gefühle haben.
Es gibt Tiere auf die das durchaus zutreffen mag, wie beispielsweise bei den Anemonenfischen. Bei intersexuellen Menschen dienst dies aus biologischer Sicht jedoch keinem Zweck sondern ist schlichtweg eine Fehlbildung wie es in der Natur halt vorkommt. Ein Mensch mit nur vier Fingern ist ein Homo sapiens und keine neue Menschenart.