Eigentlich wollten die 75. Emmy Awards zum Jubiläum vor allem TV-Geschichte feiern. Am Ende der dreistündigen Verleihung in Los Angeles schien es so, als habe die Television Academy den US-Zuschauern eine Botschaft besonders mitgeben zu wollen: Habt mehr Geduld miteinander. Der wichtigste TV-Preis der Welt vergibt seine bedeutendsten Auszeichnungen getrennt nach Drama-, Comedy- und Miniserien – in allen drei Sparten gewannen bissige Kommentare zum Zustand der modernen Gesellschaft.
In der Königskategorie beste Dramaserie siegte am Montagabend (Ortszeit) wie auch schon im Vorjahr die Satire «Succession». Sie erzählt von den vielen Intrigen in einem Familienclan, der über die Nachfolge eines Patriarchen in einem Medienimperium streitet. Die Serie ging in diesem Jahr nach vier Staffeln zu Ende.
Preise gab es unter anderem auch für Regie, Drehbuch und die beiden Hauptdarsteller Kieran Culkin und Sarah Snook, die in der Serie zwei der erbschleichenden Kinder spielen. «Succession» gewann in diesem Jahr sechs Emmys und kommt über die gesamte Laufzeit hinweg auf 19 Auszeichnungen.
In den Comedy-Kategorien räumte «The Bear – King of the Kitchen» gross ab. Die Serie erzählt mit schnellen Schnitten und Doku-Anmutung vom hektischen Alltag hinter den Kulissen eines Sandwich-Restaurants in Chicago. Sie wurde zur besten Comedy erklärt, Schauspieler Jeremy Allen White gewann als bester Hauptdarsteller. Auch hier gab es weitere Preise für Regie und Drehbuch von Christopher Storer sowie Nebenrollen-Preise für Ayo Edebiri und Ebon Moss-Bachrach.
Weil die Emmy-Awards wegen der Autoren- und Schauspielerstreiks um vier Monate verschoben wurden, war die Auftaktstaffel von «The Bear» nominiert, obwohl es inzwischen bereits eine ruhiger erzählte zweite Staffel gibt. Insgesamt gewann die beim Streaminganbieter Disney+ zu sehende Serie zehn Preise – mehr Auszeichnungen als jede andere in diesem Jahr nominierte Sendung.
Bei den Awards für «Miniserien, Anthologien und Fernsehfilme» gelang der Satire «Beef» ein grosser Erfolg mit insgesamt acht Auszeichnungen. Neben dem Hauptpreis in dieser Sparte wurden unter anderem Steven Yeun und Ali Wong als beste Hauptdarsteller ausgezeichnet. Sie spielen in der zehnteiligen Netflix-Serie zwei Fremde, die nach einem Autounfall wütend aufeinander losgehen und immer stärkeren Hass entwickeln.
Die Produzenten der dreistündigen TV-Gala haben sich bei der 75. Auflage der Emmy Awards immer wieder um Nostalgie bemüht. Stars aus Ensembles von Serien wie «Cheers», den «Sopranos» oder «Ally McBeal» erinnerten in Kulissen-Nachbauten an ihre Serien. Insgesamt 27 Preise wurden bekannt gegeben, knapp 100 weitere Auszeichnungen hatte die Television Academy bereits am vergangenen Wochenende vergeben. Die Show wirkte oft hektisch, doch wenigstens die Dankesreden sorgten oft für kurzweilige Unterhaltung und emotionale Momente.
«Succession»-Darsteller Kieran Culkin löste aufgeregte Zwischenrufe aus, als er sich an seine Frau Jazz Charton wandte. Er liebe die beiden gemeinsamen Kinder, sagte Culkin und ergänzte: «Jazz, ich will mehr!» Unter johlendem Applaus sagte er: «Du hast gesagt ‹vielleicht›, wenn ich gewinne.»
Emotionaler reagierte Steven Yeun, der über seine «Beef»-Rolle sagte: «Ich danke Danny, dass er mir beigebracht hat, dass Urteile und Scham an einen einsamen Ort führen, aber dass wir uns alle rund um Mitgefühl und Gnade treffen könnten.»
Viele andere Preisträger bewiesen Humor, darunter Sarah Snook, die zu ihrem Sieg sagte: «Schauspielern ist sehr einfach, wenn man schwanger ist, weil in dir die Hormone toben.» Comedian und Moderator Trevor Noah gewann für seine «Daily Show» als beste Talkshow und rief glücklich: «Ich habe ja gesagt, wir können John Oliver schlagen, wenn er nicht in unserer Kategorie ist.»
Der vielleicht berührendste Moment des Abends war jedoch die Montage mit Verstorbenen der zurückliegenden Monate – hier gelang ein selten ruhiger Augenblick in der sonst oft hektischen Sendung. Sänger Charlie Puth spielte eine sentimentale Klavierversion der «Friends»-Titelmelodie «I’ll Be There For You», während unter grossem Applaus die «In Memoriam»-Montage mit einem Bild des Ende Oktober verstorbenen Hauptdarstellers Matthew Perry endete.
Hier findest du die wichtigsten Gewinner der diesjährigen Emmys:
«Succession» endete in diesem Jahr nach vier Staffeln und setzte sich in der Königskategorie des wichtigsten Fernsehpreises der Welt gegen sieben Konkurrenten durch.
Die Restaurantserie «The Bear – King of the Kitchen» hat den Preis als beste Comedyserie des Jahres gewonnen. Im Laufe des gut dreistündigen Galaabends am Montag (Ortszeit) hatte die Serie zuvor fünf weitere Preise gewonnen. Dazu zählten Auszeichnungen für den besten Hauptdarsteller, den besten Nebendarsteller, die beste Nebendarstellerin, sowie für Drehbuch und Regie einer Comedy. Die Serie erzählt von einem ehemaligen Chefkoch, der nach dem Tod seines Bruders dessen Sandwich-Restaurant in Chicago übernimmt.
Die Gesellschaftssatire «Beef» hat am Montag fünf Emmys gewonnen, darunter den Preis als «Beste Miniserie, Anthologie und Fernsehfilm». Prämiert wurden in Los Angeles auch die beiden Hauptdarsteller Steven Yeun und Ali Wong, sowie Lee Sung Jin für die beste Regie und das beste Drehbuch einer Miniserie. «Beef» erzählt in zehn Folgen die Geschichte von zwei Fremden, die nach einem Autounfall in immer aggressivere Streitereien verfallen.
Durch seinen Emmy-Gewinn am Montag ist Musiker Elton John der 19. «EGOT»-Preisträger, eine Abkürzung für die vier wichtigsten Entertainment-Auszeichnungen der Welt: Emmy, Grammy, Oscar und Tony. Der 76-jährige Brite gewann den Fernsehpreis Emmy für sein Konzert «Elton John Live: Farewell From Dodger Stadium» als bestes Unterhaltungs-Special des Jahres.
John gewann im Laufe seiner Karriere fünf Grammy-Auszeichnungen der Schallplattenindustrie, einen Tony Award der New Yorker Broadway-Theater für die Musik des Musicals «Aida», sowie zwei Oscars für Filmsongs aus «Der König der Löwen» und «Rocketman».
Zu den 18 weiteren Persönlichkeiten, denen bisher ein «EGOT» gelungen ist, zählen Audrey Hepburn, Whoopi Goldberg und zuletzt Viola Davis. Der Begriff geht vermutlich auf Schauspieler Philip Michael Thomas zurück, der während seiner Zeit als Ricardo Tubbs in «Miami Vice» ankündigte, innerhalb von fünf Jahren die vier Preise gewinnen zu wollen.
(lak/sda/dpa)