Fliegen war einmal ein Luxus, heute ist es Alltag. Millionen Menschen steigen täglich in Maschinen, die sie in wenigen Stunden an ein anderes Ende des Kontinents bringen. Mit der wachsenden Zahl der Passagiere ist auch der Platz an Bord knapper geworden: Jeder Sitz ist vermessen, jede Armlehne wird zum Grenzpfosten.
Gerade hier, in der Enge der Kabine, zeigt sich, wie Gesellschaft mit Raum und Körpern umgeht. Die Frage, wie viel Platz ein Mensch beanspruchen darf, ist insofern keine Komfortfrage, sondern berührt das Grundverständnis von Teilhabe und Fairness. Und sie steht nun erneut im Mittelpunkt einer Entscheidung von Southwest Airlines.
Denn: Die US-Fluggesellschaft ändert eine langjährige Sitzplatzregelung. Ab dem 27. Januar 2026 müssen Passagiere, die «in den benachbarten Sitz hineinragen», verpflichtend ein zusätzliches Ticket im Voraus kaufen – ein Ticket, das möglicherweise nicht erstattet wird.
Bislang hatten betroffene Reisende zwei Möglichkeiten: Sie konnten die Kosten für einen zweiten Sitz im Vorfeld übernehmen und sich nach dem Flug erstatten lassen. Oder sie bekamen am Flughafen ohne Aufpreis einen zusätzlichen Platz. Genau diese Praxis hatte Southwest für viele Menschen mit grösserer Körperfülle zur bevorzugten Fluggesellschaft gemacht.
Nach den neuen Vorgaben ist ein zweiter Sitz nur dann erstattungsfähig, wenn der Flug mit mindestens einem freien Platz startet und beide Tickets in derselben Tarifklasse gebucht sind. Ausserdem muss der zusätzliche Platz künftig zwingend vor Reiseantritt erworben werden.
Southwest Airlines gilt als grösste Billigfluggesellschaft der USA. Ihr Netz umfasst vor allem Inlandsverbindungen zwischen Metropolen wie New York, Los Angeles oder Chicago, dazu Ziele in Mexiko, der Karibik und Mittelamerika. Anders als die grossen Netzwerk-Carrier fliegt Southwest bislang nicht nach Europa.
Tigress Osborn, Vorsitzende der National Association to Advance Fat Acceptance, bezeichnete die Änderungen gegenüber der New York Times als «verheerend» für Menschen mit grösserem Körperumfang. Sie erhöhten nicht nur die Kosten, sondern machten das Fliegen für viele zu einer belastenden Erfahrung.
«Southwest war der einzige Hoffnungsschimmer für viele dicke Menschen, die sonst nicht geflogen wären», sagte Osborn. «Und nun ist dieses Licht erloschen.»
Die Airline selbst reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der «New York Times» um Stellungnahme.
Osborn betonte, sie halte die neue Southwest-Regelung zwar immer noch für besser als die Praxis anderer US-Fluglinien wie Delta, American Airlines oder JetBlue, die überhaupt keine Erstattungen anbieten. Dennoch sei die Änderung ein Einschnitt, der weit über die Branche hinausreiche.
Sie sagte: «Das war nicht nur ein Branchenführer, sondern ein Beispiel für andere Bereiche, dass es ein wichtiges Geschäftsmodell ist, Menschen so zu akzeptieren, wie sie in ihrem Körper heute sind.»
Vielleicht sollte sich Tigress Osborn eher dafür einsetzen, dass Essen in den USA endlich nicht mehr nur aus Burger, Cola und Süssigkeiten besteht.