Schweiz
Strasse

Gotthard: Tunnelbohrmaschine steckt immer noch fest

Die zweite Röhre des Gotthard-Strassentunnels soll im Jahr 2030 fertig sein.
Die zweite Röhre des Gotthard-Strassentunnels soll im Jahr 2030 fertig sein. bild: keystone

Debakel am Gotthard: 31 vergebliche Versuche und die Tunnelbohrmaschine steckt weiter fest

23.10.2025, 10:3723.10.2025, 13:43

Der Bau der zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels sollte eigentlich auf Hochtouren laufen – schliesslich ist die Fertigstellung für 2030 geplant. Doch derzeit steht alles still: Die Tunnelbohrmaschine «Paulina» steckt seit Monaten am Südportal des Gotthards fest.

Laut internen Protokollen, die der SRF-«Rundschau» vorliegen, gab es zuvor zahlreiche Warnungen. Trotzdem setzte das Bundesamt für Strassen (Astra) die Arbeiten unbeirrt fort, was bei vielen Beteiligten auf grosses Unverständnis stösst.

Bohrmaschine durch Sprengung befreien

Seit dem Stillstand der Tunnelbohrmaschine hat die Baufirma bereits 31 Mal versucht, sie wieder in Gang zu setzen – vergeblich. Um die Maschine zu befreien, muss seitlich ein Zugang gesprengt werden, damit man von vorn an sie herankommt. Das bedeutet einen Verzögerungsverlust von sechs bis acht Monaten, manche Insider befürchten sogar bis zu zwei Jahre, am Südportal. Die Mehrkosten beziffert das Astra auf bis zu 20 Millionen Franken.

Arbeiten zur Sicherung des Gelaendes am Suedportal der zweiten Roehre des Gotthard-Strassentunnels und der Beginn des Tunnelvortriebs, fotografiert am Montag, 6. Mai 2024 in Airolo. (KEYSTONE/Gaetan b ...
Arbeiten zur Sicherung des Geländes am Südportal der zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels im Mai 2024. Bild: KEYSTONE

Astra rechtfertigt sich

Das Astra schreibt, die Protokolle würden bestätigen, dass man korrekt gehandelt habe: «Die Tunnelbohrmaschine wurde im Juni aufgrund der schwierigen Geologie kontrolliert angehalten. Sie ist somit nicht blockiert im Sinne eines technischen Defekts oder Schadens, sondern wurde bewusst gestoppt.»

Protokoll-Einsichten von Juni 2025

  • 6. Juni: (Zweieinhalb Wochen vor der Blockade:) «Baufirma signalisiert, dass man ziemlich am Limit arbeite.» Viel Material und Blöcke drückten gegen den Bohrkopf.
  • 10. Juni: «Alarmschwelle für den Materialfluss wurde überschritten.» Zu viel Aushub deutet auf einen gefährlichen Hohlraum hin.
  • 18. Juni: «Schwieriger Aushub mit grossem Erdrutsch.»
    Nun entscheidet das Astra: Löst eine zu grosse Menge Aushubmaterial einen Alarm aus, müssen die Arbeiten nicht mehr jedes Mal gestoppt werden – eine Meldung reicht künftig aus.
  • 19. Juni: Insgesamt 14 Mal musste der Bohrkopf vor- und zurückbewegt werden, bevor die Arbeiten fortgesetzt werden konnten. Nun warnt die Baufirma eindringlich: «Aufgrund der äusserst kritischen geologischen Situation besteht ein reales Risiko, dass die Maschine stecken bleibt.»
  • 23. Juni: Das Bauunternehmen ist der Ansicht, dass es besser wäre, die Arbeiten einzustellen. Doch das Astra lässt weiterbohren. (Kurz darauf steht die Maschine still.)

«Man hätte die Arbeiten stoppen sollen»

Der emeritierte Geologie-Professor Adrian Pfiffner ist überzeugt, dass es sich nicht um einen geplanten Stillstand handelt. Gegenüber SRF sagt er:

«Aus dem Protokoll entnehme ich, dass die Maschine stecken geblieben ist und nicht mehr angeworfen werden konnte. Das ist nicht ein kontrolliertes Abstellen.»
Adrian Pfiffnersrf rundschau
Alex Farinelli, FDP-TI, spricht zur Grossen Kammer, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 11. Dezember 2023 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
FDP-Nationalrat Alex Farinelli will Antworten vom Astra.Bild: KEYSTONE

Der Tessiner FDP-Nationalrat Alex Farinelli verlangt vom Astra Erklärungen, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Er sagt:

«Wenn man das liest, ist das Fazit einfach: Man hätte die Arbeiten stoppen sollen.»
Alex Farinelli srf rundschau

(fak)

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191 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Doppelmoralapostel
23.10.2025 11:11registriert September 2025
Auf Konsequenzen beim Astra für massive Fehlentscheidungen und Steuergeldverschwendung wird man vergebens warten.
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Tatwort
23.10.2025 11:39registriert Mai 2015
Lötschberg und Gotthard: Jedesmal waren Firmen aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität beteiligt. Mit dabei: Ein Firmenchef, der auch als SVP-Politiker tätig war.
Und wer ist jetzt der Desaster-Boss? Ein SVP-Politiker.
Und wer darf zahlen? Das Volk.
Wenn wir uns über die Dummheit der US-Amerikaner aufregen, sollten wir uns vielleicht zuerst einmal den Spiegel vor die eigene Nase halten.
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LuisDante
23.10.2025 11:08registriert Juni 2025
Ob es hier ausnahmsweise mal personelle Konsequenzen wegen der Inkompetenz haben wird? Mehrere Warnungen in den Wind schlagen grenzt für mich schon an Mutwilligkeit. Ausserdem wusste man schon aus früheren Bohrungen, dass dies für die Bohrmaschine eine problematische Stelle ist. Es ärgert mich, dass hier wieder für nichts x Millionen Franken vernichtet wurden und der Betrag wird sich sicher noch um einiges erhöhen.
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