Das «Kingsman»-Franchise kriegt ein Prequel: Es geht zurück in die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, als der geheime Gentleman-Club gegründet wurde. Ich habe den Film geschaut. Und mit dem Regisseur gesprochen. Regie führte, wie auch bereits bei den ersten beiden «Kingsman»-Teilen, Matthew Vaughn.
Stellen wir uns vor: Europa, kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Die Stimmung ist am Brodeln. Es ist das perfekte Klima für Bösewichte, um ihren dunklen Machenschaften nachzugehen. Und für Heldinnen und Helden, diese Pläne zu vereiteln. Genau da setzt der Film an.
watson: Wo habt ihr die Grenze zwischen Fiktion und historischer Richtigkeit gezogen?
Jede einzelne Szene überprüfen kann ich nicht. Was ich aber weiss, ist Folgendes:
(ACHTUNG: SPOILER)
Rasputin kam nicht – wie im Film – durch die Hände von britischen Ehrenmännern ums Leben. Das Attentat wurde von seinen eigenen Landsleuten verübt.
Und damit kommen wir gleich zum nächsten Punkt:
Bei Rasputin geht im Film alles um Sex. Und Essen. Es sind seine beiden Lieblingsthemen und -aktivitäten. Zugegeben, ich war etwas angewidert von diesem Charakter. Der widerlichste Höhepunkt war aber, als er einen ‹Vergewaltigungswitz› machte.
Sollte wohl lustig sein. War es aber nicht. Und wird es nie sein.
watson: «Matthew Vaughn, wieso haben Sie sich entschieden, ein Prequel statt eine weitere Fortsetzung zu drehen?»
Es ist aber nicht nur ein Prequel, sondern auch ein Perioden-Actionfilm mit vielen Kämpfen, Blut und Gewalt. Wer das gut findet, findet es gut. Für mich war’s zu viel unnötige Gewalt, die gezeigt wird. Etwas weniger Blut wäre auch okay gewesen.
watson: Inwiefern war es anders, dieses Prequel zu drehen, als die anderen beiden Filme der Reihe?
Ralph Fiennes spielt den Duke of Oxford, Gründer der Kingsman-Organisation. Er ist ein ehrenvoller Mann: Er behandelt seine Angestellten gut, ist Pazifist und beschützt seinen Sohn Conrad so, wie er es für richtig hält. Die für liebevoll gehaltene Strenge kommt aber – wer hätte das gedacht – bei Conrad nicht gut an. Er zieht sein eigenes Ding durch, und als er merkt, dass sein Vater recht hatte, ist es zu spät.
Und so formt sich Oxford's Schicksal: Voller Tatendrang gründet er im Hinterzimmer eines Bekleidungsgeschäftes eine Geheimorganisation, die über 100 Jahre bestehen soll. So sagen es die Legenden; oder zumindest die ersten beiden Teile von «Kingsman».
watson: Bei den Szenen auf dem Berg, mitten im Gebirge, wirkt die Kulisse besonders wichtig und imposant. War das eine bewusste Entscheidung?
Wo genau gedreht wurde, wusste Vaughn nicht mehr. Im Interview versprach er aber, er werde es nachschauen. Ob ich je von ihm hören werde?
PS: Es kommen nicht nur Schweizer Berge, sondern auch (Schweizer) Käse vor.
PPS: Für den Käse geht es nicht gut aus.
Schlussendlich erzählt «The King's Man: The Beginning» die Geschichte von einem Mann, der alles verlor und sich als Pazifist deshalb trotzdem in den Krieg einmischt – auch wenn nur im Geheimen–, um machtgierigen Männern das Handwerk zu legen. Das Prequel ist ein solider Actionfilm mit Kämpfen, Geheimnissen, Krieg, Blut und allem, was dazugehört.
Wer sich aber dramatische Demaskierungen im Stil von «Mission Impossible» gewohnt ist, findet die Enthüllung des Bösewichts – auf die die Zuschauenden bis zum Ende warten müssen – wenig schockierend.
Es waren 131 Minuten Unterhaltung, von denen ich manche Minuten mehr, manche weniger genossen habe. Bei den Szenen mit Rasputin habe ich mich sehr fremdgeschämt und hätte mich am liebsten unter einer Decke verkrochen. Andere Szenen hingegen, wie zum Beispiel den finalen Kampf, habe ich gerne geschaut und auch genossen. Was nicht nur an der Schweizer Bergkulisse lag. 😉
«The King's Man: The Beginning» startet am 6. Januar 2022 im Kino.