Antonio Dayyani und sein Netzwerk der Klänge
Klangfarben zwischen Swing, Country und Jazz
Die Band ist unkonventionell besetzt: Piano, Bass, Trompete, E- und Pedal-Steel-Gitarre sowie Antonio Dayyani am Schlagzeug. Schon die ersten Takte machten klar, dass hier verschiedene Welten aufeinandertreffen: ein sanftes Schlagzeug, weiche Gitarrenlinien, die Trompete hell und präsent. Später nahm das Klavier mit einem humpelnden Swing den Faden auf, voller Energie und doch so geschlossen, dass man den Eindruck hatte, kein Ton fehle.
Besonders die Pedal-Steel-Gitarre sorgte für Gänsehaut-Momente. Ihr Western-Sound, irgendwo zwischen Sehnsucht und Weite, verschmolz mit den nordischen Harmonien zu einem ganz eigenen Klang. Magnus Tækker erzählte im Gespräch, dass er Westernmusik schon immer mochte. Als er das Instrument im Gitarrenladen entdeckte, in dem er arbeitete, war er sofort vom „amerikanischen Staub“ dieses Sounds fasziniert und wollte das Instrument erlernen.
Von leisen Tropfen zu lauten Stürmen
Der Abend glich einer musikalischen Dramaturgie: leise Passagen, in denen nur Piano und Bass erzählten, wechselten sich ab mit eruptiven Höhepunkten, bei denen Trompete und Schlagzeug den Raum füllten. Immer wieder tauchten kleine Überraschungen auf: ein fast endloses Bass-Solo, das das Publikum in Atem hielt; ein Quartett ohne Gitarre und Schlagzeug, getragen von einer wässrigen Trompete; oder Stücke mit abrupten Stopps, die fast an Hip-Hop erinnerten.
Besonders eindrücklich war Antonios Umgang mit den Schlagzeugbesen: mal schwebten sie wie feiner Regen durch den Raum, mal gaben sie dem Ensemble den entscheidenden Puls. Und über allem erzählte die Trompete Geschichten, mal hell und swingend, mal zurückhaltend und dumpf.
Antonio Dayyani Sextet - "Og søsteren var død" @ musig im pflegidach, Muri
Nähe zum Publikum
Antonio führte mit leiser, charmanter Art durch den Abend. Er hielt die “Speeches” und stellte uns die Bandmitglieder vor. Auch stellte er die Pianistin der Band vor, „unser Notfallplan“, wie er lächelnd sagte. Da ihre geplante Pianistin kurzfristig ausgefallen ist, lernte sie in nur einer Woche das ganze Repertoire und brillierte dennoch mit einer hellen, klaren Melodie, die der Band eine besondere Leichtigkeit verlieh.
Später im Gespräch mit ihnen erfuhren wir, wie sich die Musiker über verschiedene Musikschulen und Freundeskreise zusammengefunden hatten. Eine Art Netzwerk von Verbindungen, in dessen Mitte Antonio alle kannte. Zudem ist er derjenige, der sämtliche Stücke für das Ensemble komponiert.
Klänge, die nachhallen
Nach elf Stücken, darunter viele vom neuen Album Trop op, verbeugten sich die sechs Musiker gemeinsam. Ein Stammbesucher brachte es auf den Punkt: ”Wunderbar andersch“ Und genau das war es: kein gewöhnliches Jazzkonzert, sondern eine Begegnung.
Zwischen nordischer Klarheit und amerikanischem Groove, zwischen Intimität und kraftvoller Weite. Ein Abend, der nicht laut war, aber lange nachhallt wie ein vertrautes Gespräch, das man nicht so schnell vergisst.