Schule in Belp BE kürzt Ferien von 13 auf 6 Wochen – das ist der Plan dahinter
In der Berner Gemeinde Belp wird ab dem nächsten Sommer der Stundenplan an einer Primarschule radikal umgekrempelt: Neu sollen die Kinder nur noch sechs statt wie bisher 13 Wochen Ferien pro Jahr haben. Dafür sollen sie auch nur noch an vier statt fünf Tagen pro Woche Unterricht haben – jeweils von 8 bis 16.30 Uhr, inklusive Mittagessen.
Entwickelt wurde das Konzept von Daniela Schädeli, die seit Sommer 2024 die Abteilung Familie und Bildung der Gemeinde leitet. Die Überlegung dahinter ist, dass mit diesem neuen Modell die Kinderbetreuung für Eltern vereinfacht werden könnte. Vor allem das durchgehende Programm von Morgen bis Nachmittag nach dem Vorbild der Tagesschule sei dabei wichtig.
«Wir haben immer mehr Kinder, die viel Zeit an der Tagesschule verbringen», so Schädeli gegenüber der Berner Zeitung. Orientiert man sich an diesem Ansatz, könnten Eltern die Betreuung einfacher planen. Zudem sei es dadurch auch möglich, ganze Schultage mit multidisziplinären Themen zu gestalten.
Zunächst soll der neue Schulplan als Pilotprojekt getestet werden. Die Schule nimmt derzeit Anmeldungen entgegen – gesucht werden sowohl Kinder als auch Lehr- und Betreuungspersonen. Geplant ist eine Klasse mit 18 Kindern, bei mehr Anmeldungen könnte auch eine zweite eröffnet werden.
Wie Schädeli ausführt, soll das Konzept laufend weiterentwickelt werden. Dabei sollen Eltern, Lehr- und Betreuungspersonen involviert sein. Eine erste Informationsveranstaltung für Eltern findet diese Woche statt. «Die ersten Reaktionen sind positiv», sagt Schädeli der Berner Zeitung. «Aber es braucht etwas Mut, das ist mir klar.»
Positives Feedback
Schädeli selbst schaut dem Projekt optimistisch entgegen. Auch die kürzeren Ferien sieht sie nicht als Problem. Niemand würde damit etwas verlieren, im Gegenteil: Man erhalte dadurch mehr Freiheit, argumentiert sie. Für Lehrpersonen würde sich die Arbeitsbelastung besser über das ganze Jahr verteilen. Und der zusätzliche freie Tag pro Woche sei nach Einschätzungen der Gemeinde auch für Eltern mit hohem Arbeitspensum «organisierbar».
Auch sonst stösst die Idee derzeit auf Anklang. Die Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern schreibt gegenüber der Berner Zeitung, man begrüsse das Projekt. Dies ermögliche es, «innovative Unterrichtsformen und Schulstrukturen zu erproben, die Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Volksschule generieren können».
Ähnlich sieht dies auch Michelle Jutzi, Forscherin an der Pädagogischen Hochschule. «In einem System, das sich nur schwer bewegt, braucht es Mut, neue Modelle auszuprobieren», sagt sie der Berner Zeitung. Der Bedarf an ganztägigen Betreuungsangeboten steige, gleichzeitig würden Eltern die Kinder nicht möglichst viel abgeben wollen. Der zusätzliche freie Tag sei somit eine Chance für «echte Familienzeit». Zudem sei es auch für Kinder positiv, den ganzen Tag an der Schule zu verbringen. «Diese Kontinuität tut vielen Kindern gut», sagt Jutzi. Und für Lehrpersonen verschiebe sich einfach ein Teil der heute in die Ferien eingeplanten Arbeit auf einen fixen Vorbereitungstag.
Projekt ohne Risiken
Trotzdem warnt Jutzi auch, dass das neue Modell gewisse Risiken bergen könne, die beachtet werden müssten. So brauche es bei der längeren gemeinsamen Zeit der Kinder viel Absprache und es brauche genaue Beobachtung – etwa bei möglichen Mobbingsituationen. Die Mitarbeitenden sollten deswegen besonders gut sensibilisiert werden.
Das Pilotprojekt soll mindestens drei Jahre dauern. Nach anderthalb Jahren soll die Pädagogische Hochschule Bern evaluieren. Fällt das Fazit positiv aus, wird der Versuch auf sechs Jahre ausgeweitet. Erst in einem weiteren Schritt würde eine Gesetzesänderung zum Thema werden – so müsste der Kanton sein Volksschulgesetz ändern, damit solche Pläne definitiv umgesetzt werden können. (dab)
