Besonders eindrucksvoll und berührend war die Darbietung von „Keep Those Wild Eyes Open“. Dieser Song handelt von ihrer Mutter, die sie nur sechs Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes verlor. Die Gefühle, die Stevens während der Performance dieses Liedes ausdrückte, waren überall spürbar. Sie zog das Publikum [an diesem Abend] komplett in ihren Bann, sodass alle gespannt zuhörten und alle Augen auf sie gerichtet waren. Diese Intensität war für jeden spürbar. Stevens’ Fähigkeit, ihre persönlichen und auch schwierigen Erlebnisse in ihre Musik einzuarbeiten und sie mit der Welt so offen zu teilen, machte diesen Moment zu einem der bewegendsten des Abends.
Doch das Konzert war nicht nur von Schwermut geprägt. Die Stimmung war insgesamt überwiegend positiv. Becca Stevens interagierte regelmäßig mit dem Publikum und schaffte so eine Verbindung, die den Abend zu einem gemeinsamen Erlebnis machte. Ihr sympathisches Wesen und ihre unglaubliche Ausstrahlung trugen dazu bei, dass sich jeder im Raum von ihr angesprochen fühlte. Durch ihre Witze während des Abends brachte sie des Öfteren den ganzen Saal zum Lachen. Die Begeisterung des Publikums, einige von weit her angereist, spiegelte sich in herzlichem Applaus und begeisterten Zurufen wider.
Stevens ist nicht nur eine talentierte Künstlerin, sondern auch eine engagierte Mutter. Erst vor acht Monaten brachte sie ihr zweites Kind zur Welt, welches sie während dieser kleinen Tour begleitet. Sie offenbarte dem Publikum, wie herausfordernd es manchmal sei, [als Mutter] mit ihrem Kind diese Reisen für ihre Karriere zu ermöglichen. Doch betonte sie, dass die Unterstützung der Menschen in den Städten, in denen sie auftritt, ihr dies klar erleichtern und ihr sehr helfen. Dies gibt ihr die Möglichkeit, für uns zu spielen, während sie gleichzeitig ihre Kinder stets in der Nähe hat.
Musikalisch begeisterte sie die Zuschauer nicht nur durch ihre kraftvolle und einzigartige Stimme, sondern auch durch die Vielfalt und Bedeutung hinter ihren selbstgeschriebenen Texten. Ihre Songs basieren auf persönlichen Gefühlslagen in einem bestimmten Moment. Dies lässt sie und ihre Songtexte sehr transparent und wahrheitsgetreu wirken. Zum Beispiel bei «I’m not her». Sie schrieb den Text, als sie sehr unmotiviert und «in a bad mood » war. Das zeigt, dass sie ihre Texte ohne Verschönerungen der Wirklichkeit schreibt. Die Kombination aus gefühlvollen Melodien und tiefgründigen Inhalten liess das Publikum mit jedem Lied erneut staunen. Sie selbst begleitete sich nur mit verschiedenen Gitarren und einer Ukulele, dies war sehr beeindruckend, da sie sich stets passend begleiten konnte. Dies verstärkte die Intimität und liess die Emotionen noch intensiver erscheinen.
Insgesamt war das Konzert von Becca Stevens ein erfrischendes und schönes Erlebnis, welches bestimmt lange in guter Erinnerung von jedem Besucher bleiben wird. Ihre Fähigkeit, das Publikum emotional mit auf eine Reise zu nehmen und ihre Art, wie sie mit dem Publikum humorvoll, aber auch emotional umging, macht sie zu einer aussergewöhnlichen Künstlerin im Jazz-Genre. Wer die Gelegenheit hat, Stevens live zu erleben, vielleicht auch wieder einmal im Pflegidach, sollte dies unbedingt nutzen.