Die Amerikaner haben die militärische Zusammenarbeit mit Moskau abgebrochen. Jetzt will die Schweiz nachziehen: Gemäss zuverlässigen Quellen dürfte der Bund heute das Ende der Ausbildung von russischen Soldaten in Andermatt bekannt geben. Der Grund für die Sofortmassnahme ist der Aufmarsch russischer Truppen auf der ukrainischen Halbinsel Krim.
Angehörige der russischen Streitkräfte trainieren seit 2012 bei den Gebirgsspezialisten der Schweizer Armee. Letztes Jahr durchliefen 41 Russen die Kurse des Kompetenzzentrums Gebirgsdienst im Kanton Uri.
Ob Verteidigungsminister Ueli Maurer das schweizerisch-russische Abkommen über die Zusammenarbeit bei der militärischen Ausbildung teilweise oder vollständig aussetzt, war gestern Abend offen. Ebenso die Frage, ob es sich um eine dauerhafte oder eine temporäre Massnahme handelt. Die Pressestelle des Verteidigungsdepartementes (VBS) wollte sich nicht dazu äussern. Sie betonte aber, dass dieses Jahr noch keine russischen Soldaten in Andermatt ausgebildet worden seien.
Die Schweiz und Russland schlossen das umstrittene Abkommen im April 2011 ab. Dieses sieht die Ausbildung von militärischem und zivilem Personal in den Ausbildungseinrichtungen beider Armeen vor. Vorgesehen sind neben der Gebirgsausbildung gegenseitige Praktika, Übungen, sowie die Durchführung von Konferenzen, Seminaren und Symposien.
Explizit ausgeschlossen ist die Vorbereitung und Durchführung von gemeinsamen Kampf- und anderen militärischen Operationen. Im Vertragstext erwähnen die zwei Länder die Notwendigkeit, «in Europa das gegenseitige Vertrauen, die Sicherheit und die Stabilität zu stärken». Als Basis für ihre Zusammenarbeit nennen sie ihre Teilnahme am Programm «Partnerschaft für Frieden» der Nato.
Parlamentarier jeder politischer Couleur kritisierten die militärische Kooperation mit dem östlichen Partnerstaat schon kurz nach dem Publikwerden 2012. Doch der Bundesrat setzte die Zusammenarbeit wohl auch aus Rücksicht auf den guten Draht zu Moskau fort.
Recherchen der «Nordwestschweiz» zeigen, dass in Andermatt womöglich nicht nur einfache Gebirgsinfanteristen vom Know-how der Schweizer Armee profitiert haben. Laut einem Bericht des Center for Security Studies der ETH Zürich könnten auch Grenzschutz-Mitarbeiter des russischen Inlandgeheimdienstes FSB an den Kursen teilgenommen haben.
Dafür sprechen Aussagen von Nikolai Patruschew, früherer Chef des FSB, und aktuell Vorsitzender des einflussreichen Sicherheitsrats, der die Arbeit aller russischen Sicherheitsorgane koordiniert. Eine staatliche Nachrichtenagentur zitierte Patruschew 2012 nach einem Besuch in Andermatt mit den Worten, die Zusammenarbeit mit der Schweiz «im Bereich des Verteidigungsministeriums und der russischen Geheimdienste» entwickle sich gut.
Patruschew gilt als enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Das VBS wollte gestern auf die Frage zum möglichen Aufenthalt von FSB-Angestellten in Andermatt aus Zeitgründen keine Stellung nehmen.