Schweiz
Aargau

Parkplatz-Streit von Buchs AG: Kein Landesverweis für Vater und Sohn

Parkplatz-Streit von Buchs AG: Kein Landesverweis für prügelnden Vater und Sohn

Ein Streit auf einem privaten Parkplatz in Buchs eskalierte, zwei Polizisten wurden verletzt. Die Beschuldigten wurden nun am Bezirksgericht Aarau teilweise freigesprochen.
24.06.2019, 16:47
Stefania Telesca / ch media
Mehr «Schweiz»
Bezirksgericht Aarau
Bild: Bezirksgericht Aarau

Es begann mit einer Zigarette. Drei Kollegen parkierten an einem Septemberabend 2018 ihr Auto am Obermattweg in Buchs. Sie hatten eine Freundin nach Hause gebracht und wollten laut Anklageschrift noch rauchen. Der Parkplatz, auf dem sie ihr Auto abgestellt hatten, gehörte zum Haus von Edin (alle Namen geändert). Edin war nicht zu Hause, erhielt aber kurz daraufhin einen Anruf von seiner Frau: «Komm nach Hause, dein Vater streitet sich draussen mit drei jungen Männern», soll sie aufgeregt gesagt haben.

Ohrfeige mit Faustschlag beantwortetDer Fall wurde am Montag am Bezirksgericht Aarau verhandelt. Edin und sein Vater Jetmir sollen an jenem Abend sowohl auf die drei jungen Männer als auch auf zwei Polizisten der Stadtpolizei Aarau eingeprügelt haben.

Edins Vater war zu diesem Zeitpunkt 66 Jahre alt. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Fremde den Parkplatz benutzten. Ausserdem habe Jetmir etwas gerochen, sagt die Ehefrau und Mutter der beiden Beschuldigten, als sie als Zeugin befragt wird. Mit etwas gerochen meine sie Marihuana, präzisiert sie. Jetmir habe nicht gewollt, dass das Privatgrundstück seines Sohnes von Drogendealern missbraucht würde. Er rief bei der Notrufzentrale an, wo man ihm gesagt haben soll, dass gerade keine freie Patrouille in der Nähe sei. Man soll ihm geraten haben, das Gespräch mit den Rauchern zu suchen.

Doch Jetmir soll sich durch die drei Männer so provoziert gefühlt haben, dass er eine Ohrfeige austeilte. Einer der drei Männer konterte mit einem Faustschlag ins Gesicht des pensionierten Kosovaren. Mittlerweile war eine Polizeipatrouille unterwegs. «Die Polizisten trafen in der Nähe des Tatortes die drei jungen Männer, die in der Zwischenzeit aus Angst geflüchtet waren», steht in der Anklageschrift. Zu fünft gingen die Polizisten und die Raucher zurück an den Tatort und diskutierten dort mit Jetmir und seinem Sohn Edin, der inzwischen nach Hause gekommen war.

«Die Diskussion verlief vorerst unproblematisch», schreibt die Staatsanwaltschaft. Doch als Edin erfuhr, dass sein Vater körperlich angegriffen worden war, verlor er die Beherrschung und schlug einem der Männer ins Gesicht: «Meine Reaktion war nicht gut, es tut mir leid», sagt er im Gerichtssaal.

Pfefferspray und Schlagstock

Ab diesem Zeitpunkt driften die Aussagen von Polizisten und Beschuldigten auseinander. Während die Polizisten ausgesagt haben, dass sie während der Intervention sowohl von Edin als auch von seinem pensionierten Vater angegriffen worden seien, beteuern die beiden, die Polizei habe nach dem letzten Faustschlag unvermittelt Schlagstock und Pfefferspray eingesetzt. «Sie waren sehr aggressiv», sagt Edin. Er habe sich nicht gewehrt. Eventuell habe er den Polizisten im Gerangel verletzt. Sein Vater habe sich schützend vor ihn gestellt, die Polizisten aber nicht geschlagen.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Angriffs sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und forderte für beide Kosovaren eine bedingte Freiheitsstrafe von je sechs Monaten und eine Landesverweisung von fünf Jahren. Vater und Sohn lebten seit 50 beziehungsweise 28 Jahren in der Schweiz, hielten deren Verteidiger fest. Ein Landesverweis hätte für beide katastrophale Auswirkungen.

«Der Tatbestand des Angriffs ist nicht erfüllt, da sich die Polizisten nicht passiv verhalten haben», hält die Gerichtspräsidentin fest und spricht beide Beschuldigten in diesem Punkt frei. Schuldig sind die beiden des Angriffs und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. «Eine Geldstrafe ist ausreichend, sie haben beide keine einschlägigen Vorstrafen», so die Gerichtspräsidentin. Edin bekommt eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 50 Franken (7500 Franken), sein Vater 150 Tage à 40 Franken (6000 Franken) mit je drei Jahren Probezeit.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Binnennomade
24.06.2019 23:30registriert Juli 2016
Wenn die beiden ausrasten weil jemand kurz auf ihrem Parkplatz parkiert, kann man wenigstens nicht sagen, sie seien nicht integriert. Viel schweizerischer gehts nicht! 😁
8431
Melden
Zum Kommentar
3
Verwaltungsgericht verhängt Zwangsmedikation für Straftäterin: Sie tötete ihren Sohn

Einer 35-jährigen Frau aus Kamerun, die im Wahn ihren eigenen Sohn umbrachte, dürfen zwangsweise Medikamente verabreicht werden. Dies hat das Zürcher Verwaltungsgericht entschieden. Kriminalitätsrisiken dürften bei Ausschaffungen nicht exportiert werden.

Zur Story