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Nationalrat lehnt Initiative für eine 13. AHV-Rente ab

Sieg für die Bürgerlichen: Nationalrat lehnt Initiative für eine 13. AHV-Rente ab

14.12.2022, 16:1014.12.2022, 16:27
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Nationalratssaal waehrend der Debatte "22.043: Fuer ein besseres Leben im Alter (Initiative fuer eine 13. AHV-Rente)", waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 14. ...
Viele leere Ränge während der AHV-Diskussion.Bild: keystone

Der Nationalrat sagt Nein zur Initiative «Für ein besseres Leben im Alter». Er hat das Volksbegehren für einen Rentenzuschlag im Umfang einer 13. AHV-Rente am Mittwoch mit 123 zu 67 Stimmen ohne Enthaltungen abgelehnt.

Dem Entscheid über die Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) ging eine fast sechsstündige Debatte voraus. Ursprünglich rechnete das Büro des Nationalrats erst für den Donnerstag mit dem Abschluss. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Mit dem Nein setzte sich die bürgerliche Mehrheit durch. Sie kritisierte das Vorhaben als nicht finanzierbaren Ausbau nach dem Giesskannenprinzip.

Die Linke sieht in der Initiative einen notwendigen Schritt. Pierre-Yves Maillard (SP/VD) sagte, das heutige System erfülle das Versprechen, die Menschen vor Altersarmut zu schützen, längst nicht mehr.

Der SGB-Präsident verwies darauf, dass die Pensionskassenrenten trotz immer höheren Beiträgen der Berufstätigen seit Jahren sänken. Rentnerinnen und Rentnern bleibe wegen der Teuerung, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien immer weniger zum Leben.

Kontroverse um Ergänzungsleistungen

Mit dem System der Ergänzungsleistungen könne der Existenzbedarf von Rentnerinnen und Rentnern schon heute gedeckt werden, wenn die Rente dafür nicht reiche, sagte Kommissionssprecher Andri Silberschmidt (FDP/ZH). Das 3-Säulen-System sei bewährt. 87 Prozent der Rentnerinnen und Rentner bezögen heute keine Ergänzungsleistungen. Die Initiative aber wolle einen Ausbau nach dem Giesskannenprinzip.

Von der Linken erntete Silberschmidt Kritik. Die Idee, dass Ergänzungsleistungen die Antwort auf das Problem der Altersarmut seien, sei schockierend, sagte Baptiste Hurni (SP/NE). Sibel Arslan (Grüne/BS) gab zu bedenken, viele Betroffene schämten sich, die Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Der Bundesrat stellt sich gegen die Initiative. Er argumentiert, eine 13. Altersrente würde die finanzielle Lage der AHV wesentlich verschlechtern. Im Jahr 2032 hätte eine Annahme Mehrausgaben von rund fünf Milliarden Franken zur Folge - zusätzlich zum bis dahin schon prognostizierten Umlagedefizit von 4,7 Milliarden Franken. Zudem würden Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente gegenüber Pensionierten benachteiligt.

Lob für das AHV-System

Mehrere Rednerinnen und Redner von SP und Grünen hoben die Vorzüge der AHV hervor. Ihr Umverteilungsmechanismus entspreche genau dem Verfassungsauftrag, allen ein Leben in Würde zu garantieren, sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).

Nur die AHV berücksichtige unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit, sagte Sandra Locher Benguerel (SP/GR). Ihre Stärkung helfe, die Rentenlücke bei den Frauen zu schliessen.

Pierre-Yves Maillard, Praesident SGB, spricht waehrend der Einreichung der Volksinitiative fuer ein besseres Leben im Alter (Initiative fuer eine 13. AHV-Rente), am Freitag, 28. Mai 2021 in Bern. (KEY ...
Pierre-Yves MaillardBild: KEYSTONE

Verschiedentlich wurde aus dem linken Lager der Vorwurf laut, wenn die 3. Säule in der Altersvorsorge immer wichtiger werde, diene dies nur Banken und Versicherungen. Barbara Gysi (SP/SG) sagte, man müsse in die 3. Säule sehr viel mehr Geld einzahlen als in die AHV, um später die selben Leistungen zu erhalten.

«Schlicht nicht finanzierbar»

Auf bürgerlicher Seite überwogen die finanziellen Bedenken. Man dürfe Lasten nicht auf kommende Generationen abwälzen.«Das Vorhaben ist schlicht nicht finanzierbar», befand Regine Sauter (FDP/ZH). Die Initianten hätten keinen Weg zur Finanzierung aufgezeigt, sagte Thomas Rechsteiner (Mitte/AI). Höhere Lohnabzüge oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wären volkswirtschaftlich schädlich. Und eine Finanzierung über Nationalbank-Gewinne sei nicht realistisch.

Verschiedentlich wurde die Initiative als unausgewogen kritisiert. «Die 13. Monatsrente geht auch an Millionäre», sagte Lukas Reimann (SVP/SG). Der Ansatz der Initiative sei populistisch.

Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte/LU) warnte vor Ungerechtigkeit zwischen den Generationen. Jungen Familien solle nicht Geld weggenommen werden, das diese selber brauchten.

Die Grünliberalen beklagten starre Fronten zwischen links und rechts. Roland Fischer (GLP/LU) kritisierte die Initiative als zu wenig zielgerichtet. Die bestehenden Lücken sollten jedoch nicht auf immer und ewig durch Ergänzungsleistungen kompensiert werden, hob er hervor. Fischer bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die vorberatende Kommission keinen Gegenvorschlag gewollt habe.

(aeg/sda)

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116 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chris_A
14.12.2022 16:49registriert Mai 2021
Das sollten sich die Rentner gut merken. Aber eben, am Wahltag wählen sie dann wieder mehrheitlich SVP, FDP und Mitte obschon diesen Parteien die Rentner egal sind.
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Bitsundbites
14.12.2022 16:33registriert Juli 2019
Wer in Zukunft Mitte Rechts wählt hat nicht alle Tassen im Schrank.
20% Mehr Langzeitkranke
Planzer lässt 70h arbeiten und
Die Mieten sollen 2023 munter steigen.
Wacht endlich auf.....gerade die Langzeitkranke landen auf dem Sozialamt und wird kalt enteignet.
Das hat alles System.
Und Mitte Rechts schickt die 13. AHV Rente Bach ab. 🙈 So nicht
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Denverclan
14.12.2022 17:15registriert September 2016
Aber brav die mickrige Rente noch versteuern und Ehepaare mit 150% Rente abstrafen. Dieses Loch in der Kasse vieler Rentenbezüger interessiert die Grossverdiener im Parlament jedoch nicht. Und Ergänzungsleistungen zu beantragen ist erniedrigend und entwürdigend. Und damit macht man keine grossen Sprünge mehr, nicht mal kleine. Bezgl. Giesskannenprinzip, bei Politikern spielt das dann keine Rolle…es bleibt einem die Spucke weg. Wir sitzen eben nicht alle im selben Boot bei Gürtel enger schnallen. Offensichtlich geht es der Mehrheit gut, traurig für die Menschen die auf der falschen Seite leben
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