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Bundesratswahl: Eine auf Evi Allemann fokussierte Strategie ist riskant

Mögliche Bundesratsnachfolge für Alain Berset

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Diese SPler wollen für Alain Berset in den Bundesrat
Evi Allemann, Berner Regierungsrätin, kandidiert bereits das zweite Mal. Sie wollte bereits 2022 als Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga kandidieren, landete jedoch nicht auf dem Wahlvorschlag der SP. Allemann erreichte den dritten Platz und wurde nicht nominiert. Die ausgebildete Juristin hat zwei Kinder.
quelle: keystone / peter klaunzer
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Setzt die SP voll auf Allemann, wählen Bürgerliche allemal den Mann

Evi Allemann kandidiert erneut für den Bundesrat. In der SP-Fraktion soll es Planspiele geben, sie mit einem möglichst «unwählbaren» Mann zu nominieren. Das könnte ins Auge gehen.
16.10.2023, 17:0916.10.2023, 18:01
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Eines kann man Evi Allemann nicht vorwerfen: fehlenden Mut zum Risiko. Nur ein Jahr, nachdem die Berner SP-Regierungsrätin als Möchtegern-Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga schon in der Fraktion unterlegen war, versucht sie es erneut. Am Montag stieg die 45-Jährige wie erwartet ins Rennen um die Nachfolge von Alain Berset ein.

Es war ein etwas holpriger Start. Mit dem Französischen tut sich Allemann, die als Vertreterin eines «bilinguen» Kantons angepriesen wurde, eher schwer. Ihre Kantonalpartei habe sie im Vorfeld nicht in ihre Pläne einbezogen, schrieb die «Berner Zeitung». Co-Präsidentin Anna Tanner aber betonte, man werde sie gemeinsam mit Matthias Aebischer nominieren.

Regierungsraetin Evi Allemann, Vorsteherin der Direktion fuer Inneres und Justiz des Kantons Bern, kommt zu einer Medienkonferenz bei der sie ihre Kandidatur fuer den Bundesrat bekannt gibt, am Montag ...
Evi Allemann erscheint zur Medienkonferenz am Montag in Bern.Bild: keystone

Die Herkunft ist das grösste Hindernis, weil Bern schon mit Albert Rösti im Bundesrat vertreten ist. Ein weiteres Problem: Die frühere Nationalrätin sitzt seit 2018 nicht mehr im Parlament. Viele, die am 13. Dezember wählen werden, kennen Allemann nicht. Trotzdem wagt sie es erneut, was vermuten lässt, dass sie sich gute Chancen ausrechnet.

Planspiele für Allemann-Wahl

Tatsächlich soll es Planspiele geben, sie aufs SP-Ticket und am Ende in den Bundesrat zu befördern. Ersteres ist realistisch. Vor einem Jahr scheiterte Allemann am komplizierten Wahlverfahren in der SP-Fraktion. Dieses Mal werden die Plätze auf dem Ticket – zwei oder vielleicht drei – einzeln vergeben. Das erhöht Evi Allemanns Chancen beträchtlich.

Eine Voraussetzung dafür ist, dass Allemann als einzige Frau antreten wird. Dieses Kalkül könnte aufgehen, denn bislang ist keine Konkurrentin in Sicht. Teil zwei des Plans ist deutlich schwieriger. Deshalb soll neben der Bernerin derjenige der kandidierenden Männer nominiert werden, «der Allemanns Chancen maximiert», schrieb der «Tages-Anzeiger».

Die Selbstüberschätzung der SP

Es ist vorstellbar, dass solche Planspiele existieren. Man sollte die Veranlagung der Sozialdemokraten zur Selbstüberschätzung nie unterschätzen. Allerdings haben sie mehr als einen Haken. So scheint man im Allemann-Lager bisher nicht zu wissen, welcher der bisher fünf Aspiranten auf die Berset-Nachfolge als «Alibi-Kandidat» infrage kommt.

Das erstaunt nicht, denn keiner ist für die Bürgerlichen in der Bundesversammlung völlig unwählbar, nicht der Bündner Jon Pult, der als «Linksausleger» gilt, und auch nicht Matthias Aebischer und Roger Nordmann, bei denen es Vorbehalte wegen ihrer Herkunft gibt. Daran ändern auch die «Störmanöver» von Bauernpräsident Markus Ritter nichts.

Bürgerliche als Spielverderber?

Dies ist der eigentliche Knackpunkt einer «Allemal für Allemann»-Strategie. Ohne Mithilfe zumindest eines Teils der Bürgerlichen wird sie nicht aufgehen, erst recht nicht, wenn es am Sonntag zum Rechtsrutsch kommt, den die Umfragen erwarten lassen. In diesem Fall muss man sich eine seit Jahrzehnten geltende «Weisheit» in Bundesbern vor Augen führen:

Etwas können die Bürgerlichen auf den Tod nicht ausstehen: Wenn die Linke versucht, ihnen auf der Nase herumzutanzen.

Zweimal hat die SP versucht, auf Teufel komm raus eine Frau in den Bundesrat zu bringen. Beide Male ist sie gescheitert: 1983 mit Lilian Uchtenhagen und zehn Jahre später mit Christiane Brunner. Seither ist viel Zeit vergangen, aber an der Abneigung der bürgerlichen Parlamentsmehrheit gegen linke Machtspielchen hat sich wenig geändert.

Es droht eine «wilde» Wahl

Eine zu offensichtlich auf Evi Allemann zugeschnittene Wahlstrategie der SP-Fraktion könnte zu einem bürgerlichen Backlash führen. Klappen könnte sie eventuell, wenn die beiden ehemaligen Juso-Präsidenten Cédric Wermuth und Fabian Molina noch ins Rennen einsteigen und nominiert werden. Doch selbst das wäre keine Erfolgsgarantie:

Denn etwas gefällt den Bürgerlichen im Parlament besonders: Wenn sie der Linken auf der Nase herumtanzen können.

Evi Allemann ist eine qualifizierte, wenn auch farblose Kandidatin (was aus bürgerlicher Sicht nicht unbedingt gegen sie spricht). Wenn es die SP jedoch übertreibt, könnten die Bürgerlichen das seit einiger Zeit bestehende «Tabu» brechen und jemanden wählen, der oder die nicht auf dem offiziellen Partei-Ticket steht – zum Beispiel Daniel Jositsch.

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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Holzkopf
16.10.2023 17:32registriert November 2017
Also aus meiner Sicht fällt im Falle einer solchen Taktiererei weniger der Ärger von Bürgerlichen ins Gewicht als derjenige der eigenen Wählerschaft.
Ich denke, viele SP Wählende haben grundsätzlich nichts gegen zwei Bundesrätinnen für eine gewisse Zeit. Wenn dies aber mit Gezwänge erwirkt wird, bzw. zugunsten eines solchen Plans gute männliche Kandidaten ausgebremst werden, dann geht es auch sehr vielen SP Wählenden zu weit.
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Nuscheltier
16.10.2023 17:33registriert Februar 2017
Gleichstellung ist, wenn die Gleichstellungspartei auf Teufel-komm-raus zwei Frauen im BR will. Wenn bei der letztjährigen Wahl nicht Männer grundsätzlich ausgeschlossen worden wären, könnte ich ohne Probleme mit zwei Fraurn leben...
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Wasnlos
16.10.2023 17:23registriert Februar 2019
Nur gut geht es nicht um so unwichtige
Dinge wie Kompetenz
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