Schweiz
Appenzell

Appenzell Innerrhoden bekommt nach 125 Jahren eine neue Verfassung

Abstimmung an der Landsgemeinde, am Sonntag, 28. April 2024, in Appenzell. Am letzten Sonntag im April versammeln sich jeweils alle Stimmberechtigen des Kantons Appenzell Innerrhoden, um ihre obersten ...
Blick auf die Landsgemeinde, am Sonntag, 28. April 2024, in Appenzell.Bild: keystone

Historischer Entscheid: Nach 152 Jahren bekommt Appenzell Innerrhoden eine neue Verfassung

Die Appenzell Innerrhoder Kantonsverfassung wurde 1872 erlassen. Nun wird sie zum ersten Mal komplett überarbeitet. An der Landsgemeinde haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger deutlich Ja gesagt zur neuen Verfassung.
28.04.2024, 14:4428.04.2024, 15:45
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Die Innerrhoder Stimmberechtigen haben an der Landsgemeinde in Appenzell am Sonntag der totalrevidierten Kantonsverfassung zugestimmt. Alle Mitglieder der siebenköpfigen Regierung wurden wiedergewählt. Eine Gesetzesanpassung zur Einführung von drei neuen Wildruhegebieten fand ebenfalls eine Mehrheit.

Die Innerrhoderinnen und Innerrhoder stellten sich mehrheitlich hinter die im Vorfeld teilweise kontrovers diskutierte, totalrevidierte Kantonsverfassung. Auch an der Landsgemeinde kam es zu kritischen Voten, etwa von SVP-Kantonalpräsident Martin Ebneter.

Ebneter erinnerte an Ausführungen der Standeskommission (Regierung), wonach im Rahmen der Totalrevision keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen vorgenommen worden seien. «Das Versprechen ist mit der heute an der Landsgemeinde vorgelegten Verfassung nicht eingehalten worden» , kritisierte Ebneter.

Kantonsrätin Angela Koller hielt Ebneter und anderen Kritikern entgegen: «Eine neue Verfassung schreiben heisst nicht, die alte abzuschreiben.» Einige inhaltliche Änderungen gebe es, aber diese seien transparent ausgewiesen worden.

Verfassung tritt voraussichtlich 2027 in Kraft

«Wir haben nichts Unredliches getan, wie uns in Leserbriefen vorgeworfen wurde», hatte derweil Regierungsrat Roland Inauen im Wissen um die Kritik bereits eingangs zum Traktandum Kantonsverfassung gesagt. Letztlich wurde der von Ebneter gestellte Rückweisungsantrag abgelehnt und die neue Verfassung angenommen.

Abstimmung an der Landsgemeinde, am Sonntag, 28. April 2024, in Appenzell. Am letzten Sonntag im April versammeln sich jeweils alle Stimmberechtigen des Kantons Appenzell Innerrhoden, um ihre obersten ...
Am letzten Sonntag im April versammeln sich jeweils alle Stimmberechtigen des Kantons Appenzell Innerrhoden, um ihre obersten Behörden zu wählen und über Sachgeschäfte abzustimmen.Bild: keystone

Sobald die neue Verfassung in Kraft tritt, wird das Stimmrecht auf nicht urteilsfähige Personen ausgeweitet. Darunter fallen etwa Menschen mit einem Beistand. Auch wurden neue Bestimmungen zur Einführung von Notrecht in die Verfassung geschrieben. Einige Finanzkompetenzen werden neu geregelt. Die Landsgemeinde entschied bis anhin über Ausgaben ab einer Million Franken. Künftig wird sie über Ausgaben ab zwei Millionen Franken abstimmen können.

Bis die neue Verfassung in Kraft tritt, wird es voraussichtlich 2027. Teil der Totalrevision war die Auslagerung mehrerer Aspekte aus der Verfassung in separate Gesetze. Diese Gesetze werden in den nächsten Monaten im Grossen Rat (Parlament) behandelt. Danach kommen die Gesetze vor die Landsgemeinde.

Spontane Gegenkandidaten zum Bauvorsteher

Die Stimmberechtigen entschieden ferner, dass die alte Regierung auch die neue ist: Erziehungsdirektor Roland Inauen bleibt regierender Landammann (Regierungspräsident) und Volkswirtschaftsdirektor Roland Dähler amtet weiterhin als stillstehender Landammann (stellvertretender Regierungspräsident).

Monika Rüegg Bless (Die Mitte) schaffte die Wiederwahl als Vorsteherin des Gesundheits- und Sozialdepartements mit einer Gegenstimme. Ebenfalls in der Standeskommission bestätigt wurden Finanzvorsteher Ruedi Eberle (SVP) und Jakob Signer (Justiz-, Polizei- und Militärdepartement, parteilos). Zudem sprachen sich die Stimmberechtigten im Ring erneut für Stefan Müller (Die Mitte) als Vorsteher des Land- und Forstwirtschaftsdepartements aus.

Wiedergewählt wurde auch Bauvorsteher Ruedi Ulmann (Mitte). Spontan aufgestellte Gegenkandidaten zum Bauvorsteher erhielten an der Landsgemeinde nur wenige Stimmen.

Bundesrätin Baume-Schneider als Ehrengast

Im Beisein von zahlreichen Ehrengästen, darunter Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, den Regierungsrätinnen und Regierungsräten des Kantons Neuenburg oder der norwegischen Botschafterin in der Schweiz, sagten die Innerrhoder Stimmberechtigen auch Ja zur Revision des Jagdgesetzes. Damit werden drei neue Wildruhegebiete eingerichtet.

Zustimmung fand auch die Revision des Landwirtschaftsgesetzes, dank der Innerrhoder Nutztiere besser geschützt werden sollen. Die Revision ermöglicht es dem Kanton, künftig regionenspezifische Herdenschutzmassnahmen finanziell zu unterstützten. Konkret geht es etwa um das nächtliche Einstallen von Schafen zum Schutz vor Wölfen.

Die Innerrhoder Stimmbevölkerung stellte sich ferner deutlich hinter die übrigen Traktanden, etwa einen Kredit für eine Strassensanierung in der Höhe von rund 14,5 Millionen Franken. (sda)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pakart
28.04.2024 14:59registriert September 2015
«Eine neue Verfassung schreiben heisst nicht, die alte abzuschreiben.»

Made my day!
733
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Black Cat in a Sink
28.04.2024 15:12registriert April 2015
Wer ist dagegen? Die ewiggestrige Partei, die ein Faible für Autokraten hat…
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