Das Kantonsgericht in Trogen AR hat am Freitag eine Frau unter anderem wegen mehrfachen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt. Die 48-Jährige hatte sich gemäss dem Gericht Stiftungsgelder von rund 250'000 Franken erschlichen. Die Freiheitsstrafe beträgt 48 Monate.
«Es ist uns bewusst, dass das eine harte Strafe ist», sagte der vorsitzende Richter während der mündlichen Urteilsverkündung am Freitag zur Frau. Gerechtfertigt sei sie aber deshalb, weil sie «eine Vorgeschichte mit Betrügereien» habe und sich von früheren Verurteilungen nicht habe vor weiteren Delikten abschrecken lassen.
Neben der unbedingten Freiheitsstrafe erhielt die heute 48-Jährige auch eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 30 Franken. Zudem muss sie die Verfahrenskosten von über 100'000 Franken bezahlen. Zusätzlich zum mehrfachen gewerbsmässigen Betrug sprach das Gericht sie unter anderem wegen Geldwäscherei, versuchter Nötigung, mehrfacher versuchter Erpressung und ungetreuer Geschäftsbesorgung schuldig.
Während des mehrtägigen Prozesses von vor zwei Wochen stand primär die Frage im Raum, ob sich die Frau des gewerbsmässigen Betruges schuldig gemacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte damals argumentiert, dass die Ausserrhoderin zwischen 2018 und 2021 systematisch über 1000 Stiftungen angeschrieben und sich mit falschen Angaben Geld erschlichen habe.
Dieses Geld habe sie dann teilweise für ihren kostspieligen Lebensunterhalt verwendet. So soll sie etwa Kleider, Ferien oder Lebensmittel finanziert haben.
Auch das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Ausserrhoderin Gelder von Stiftungen unrechtmässig verwendet hatte. «Die Deliktsumme beträgt nach unseren Berechnungen rund 250'000 Franken», sagte der vorsitzende Richter am Freitag. Damit veranschlagte das Gericht die zweckwidrig verwendeten Stiftungsgelder rund 100'000 Franken tiefer als der Staatsanwalt, der von 350'000 Franken gesprochen hatte.
Die Diskrepanz zwischen der von der Staatsanwaltschaft und dem Gericht genannten Summe kommt daher, dass die Richter nicht alle Stiftungsanfragen der Frau als gewerbmässigen Betrug taxierten. Mehrere Anfragen seien durchaus berechtigt gewesen und die 48-Jährige wurde deshalb neben der Verurteilung in mehreren Punkten vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs auch freigesprochen. Auch hätten sich gewisse Stiftungen «leichtfertig» verhalten, so der Richter.
Zudem sah das Gericht diverse Vorwürfe der versuchten Nötigung, der falschen Anschuldigung und der Verleumdung als nicht erwiesen an. Die Frau wurden von mehren dieser Anschuldigungen ebenfalls freigesprochen.
Der vorsitzende Richter äusserte sich auch zum Verbleib des Geldes: «Innerhalb von 28 Monaten haben sie das von den Stiftungen erhaltene Geld restlos ausgegeben», sagte er zur Frau. Ihr Kontostand verglichen zwischen 2018 und 2021 – innerhalb dieser Zeitspanne flossen die Stiftungsgelder – sei praktisch unverändert geblieben.
Während der Urteilsverkündung ebenfalls zur Sprache kamen die gemäss dem Richter «zwei Gesichter» der Frau. So habe sie zunächst etwa schutzbedürftigen Personen Hilfe angeboten, um bei Stiftungen nach Unterstützungsgeldern für diese anzufragen. Später habe sie «ihre Opfer richtiggehend terrorisiert» und Druck auf sie ausgebübt, um selbst an die Stifungsgelder zu gelangen.
Überhaupt sei ein Muster zu erkennen, dass sie sich mit verschiedensten Leuten im Verlaufe der Zeit regelmässig verkrache. Zwar habe ein Gutachten keinen psychiatrischen Befund bei der Frau festgestellt, so der vorsitzende Richter weiter. Er rate ihr aber dennoch, «sich kritisch zu hinterfragen» und zusammen mit einem Coach an ihrem Konfliktverhalten zu arbeiten.
Die 48-Jährige kam nach der Urteilsverkündung nicht mehr zu Wort. Während des Prozesses hatte sie nur wenig zu den Anschuldigungen gegen sie gesagt. Einzelne Punkte hatte sie bestritten. Ihr Verteidiger hatte eine Freiheitsstrafe von maximal 12 Monaten gefordert, während der Staatsanwaltschaft auf vier Jahre und vier Monate plädiert hatte.
Das Urteil des Kantonsgerichtes, der ersten Instanz in Appenzell Ausserrhoden, ist noch nicht rechtskräftig. (nib/sda)