Am 11. Januar hat Armeechef André Blattmann einen Spezialrapport einberufen. Alles, was im Militär Rang und Namen hat, wird an diesem Tag in die Zentralschweiz pilgern: Truppenkommandanten, Berufsoffiziere und höhere Stabsoffiziere. Was der Grund für den ausserordentlichen Anlass ist, wissen die Eingeladenen nicht. Manch einer fragt sich: Gibt Blattmann seinen Rücktritt bekannt?
Der Zeitpunkt wäre nicht ungünstig: Einige Tage davor, am 1. Januar, erhält das Verteidigungsdepartement mit Guy Parmelin (SVP) einen neuen Chef. Viele finden: Jetzt ist auch Zeit für einen Wechsel an der Armeespitze. Eine gut informierte Person gibt jedoch zu bedenken, dass sich Blattmann mit einer verfrühten Rücktrittsankündigung zu einer «Lame Duck» machen würde – einer lahmen Ente.
Allerspätestens in zwei Jahren muss ein Nachfolger bereitstehen. Dann erreicht Blattmann das Pensionsalter. Er selber sagte diesen Oktober in einem Interview mit dieser Zeitung, es wäre nur bedingt sinnvoll, wenn der Neue erst nach dem Inkrafttreten der Armeereform am 1. Januar 2018 anfangen könnte. «Diesen Übergang sollte ein Chef der Armee begleiten können.»
Wie «Nordwestschweiz»-Recherchen zeigen, sucht der neue Verteidigungsminister Guy Parmelin ohnehin schon jetzt nach möglichen Kandidaten für die Nachfolge. Die Liste der Papabili umfasst fünf Namen.
Am häufigsten fällt der Name Philippe Rebord. Der 58-jährige Historiker kommt aus Bovernier VS und Lausanne VD und führt seit letztem Jahr die Höhere Kaderausbildung der Armee in Luzern. In dieser Funktion ist er auch für die Militärakademie an der ETH Zürich verantwortlich. Ein hochrangiger Offizier attestiert ihm eine «hohe Sozialkompetenz». So setzt sich Rebord etwa dafür ein, dass welsche und Tessiner Soldaten ihren Militärdienst möglichst immer in ihrer Muttersprache leisten können.
In einer Rede vor der waadtländischen Offiziersgesellschaft charaktersierte er sich kürzlich als jemanden, der gerne Klartext spricht. Er sei überzeugt, dass es unter Offizieren keine Tabuthemen geben dürfe. Dieses Motto lebt Rebord auch in der Öffentlichkeit: Zum Beispiel, als er vor fünf Jahren den Sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrates in einem Zeitungsinterview kritisierte und sagte, er hätte sich «einen visionäreren Bericht gewünscht». Oder als er 2006 einem Journalisten erklärte, wer an der Aushebung den Intelligenztest nicht bestehe, könne immer noch in den Zivilschutz.
Der zweite Favorit aus der Romandie heisst Dominique Andrey, 60 Jahre alt, ETH-Ingenieur. Der Freiburger begann seine militärische Laufbahn 1978 als Leutnant, war zwischenzeitlich Personalchef der Armee, 2008-2015 war er Chef Heer, dann militärischer BErater von Parmelin. Sein grösstes Plus, die Erfahrung, ist gleichzeitig sein grösstes Defizit: Mit 60 Jahren kommt er als Armeechef höchstens als Übergangslösung infrage.
Als möglicher, aber wenig aussichtsreicher Anwärter gilt Luftwaffenchef Aldo C. Schellenberg. Zum einen wird der 57-jährige Zürcher mitverantwortlich gemacht für die Schlappe bei der Abstimmung über den Kampfjet Gripen im Mai 2014. Zum anderen kamen beide bisherigen Armeechefs Blattmann und Christophe Keckeis von der Luftwaffe. Nun ist der Druck gross, einen Vertreter des Heeres an die Spitze der Armee zu setzen. Ein Sicherheitspolitiker glaubt dennoch: «Schellenberg ist in den Startlöchern.»
Grössere Chancen werden Daniel Baumgartner ausgerechnet, Divisionär aus dem Kanton Thurgau. Der 54-Jährige ist der neue Chef Heer.
Der dritte Deutschschweizer ist zugleich der jüngste Favorit:Hans-Peter Walser ist 51 Jahre alt und arbeitet noch bis Ende Jahr als Chef des Armeestabes. Ab 1. Januar übernimmt der Appenzeller Jurist die Führung der Territorialregion 2, einer der vier grossen Verbände in der Armee.