Und prompt fühlte sich eine Armeeangehörige angesprochen: Als Bundesrätin Viola Amherd vor zwei Tagen erklärte, sie suche explizit auch eine Frau für den frei gewordenen Posten Chef der Armee, reagierte EVP-Politikerin Christina Hiltbrunner auf Twitter: «Ich fürchte, die suchen mich!»
Der neue #ChefDerArmee soll die Armee aus eigener Erfahrung kennen, eine starke Führungspersönlichkeit sein & über eine hohe Sozialkompetenz verfügen. Weiter die 3 (es sind 4!!) Landessprachen sprechen & Erfahrung haben im Umgang mit den Medien.
— Christina (@CHiltbrunner) 4. April 2019
Ich fürchte, die suchen mich! ;-)
Die Gemeinderätin von Rüeggisberg BE erfüllt wichtige Anforderungen, wie sie auf Anfrage sagt. Sie kennt die Armee aus eigener Erfahrung, sie hat die Rekrutenschule absolviert und sich zum Rang eines Wachtmeisters hochgearbeitet. Sie leitet seit zehn Jahren grössere Teams und verfügt als Pflegefachfrau über hohe Sozialkompetenz. Hiltbrunner ist Pilotin und spricht als geborene Bündnerin alle vier Landessprachen. Zwar hat sie den Tweet aus Jux abgesetzt, wie sie sagt. Doch Hiltbrunner sagt, eine Frau an der Spitze würde der Armee «guttun». Sie selbst habe die Armee zwar sehr frauenfreundlich erlebt. Im Führungsstil würden sich Mann und Frau aber doch stark unterscheiden.
Mein Chef will sich auch bewerben. Er hat den höheren militärischen Rang, ich spreche eine Landessprache mehr. Es wird eng! #ChefinDerArmee https://t.co/KqGNePPW12
— Christina (@CHiltbrunner) 4. April 2019
Viola Amherd hat mit ihrer Stellenausschreibung die Frauenfrage neu geöffnet. Ist es aber realistisch, dass tatsächlich eine Frau das Rennen macht? Dass unter der ersten Verteidigungsministerin der Schweiz erstmals auch eine Frau die Armee führt?
Vorderhand sagt niemand offen, dass die Chancen schlecht stehen. Die Zahlen geben aber eine eigene Antwort. In den letzten Jahren wuchs der Anteil Frauen in der Armee. 2017 engagierten sich 929 Frauen aktiv, 54 mehr als im Vorjahr, fast 100 mehr als noch 2015. Von 929 Frauen sind 289 im Grad eines Offiziers. Das sind zwar verhältnismässig deutlich mehr als bei den Männern. Doch die Ausgangslage ist unterschiedlich: Frauen melden sich freiwillig bei der Armee. Der Wunsch, Karriere zu machen, ist also ungleich grösser. Dennoch: Die Armee zählt über 120'000 Angehörige, 929 davon sind Frauen.
Und trotzdem dringen Frauen in Männerdomänen vor. Im Februar schloss die 28-jährige Waadtländerin Fanny Chollet die Ausbildung auf dem F/A-18 ab und ist seither die erste Kampfjet-Pilotin der Schweiz. Viola Amherd leitet als erste Frau das Verteidigungsdepartement. Eine Frau an der Spitze der Armee müsste möglich sein.
Dennoch: Bis nach oben schafften es bisher nur wenige Frauen. Eine, um konkret zu sein. Ihr Name fällt denn auch immer und immer wieder, wenn es um mögliche Nachfolger des abtretenden Chefs Philippe Rebord geht: Brigadier Germaine Seewer, Kommandant Führungsunterstützungsbrigade 41. Der bald 55-jährigen Berufsoffizierin werden von allen Seiten die «nötigen Voraussetzungen» für den frei werdenden Posten zugesprochen. Ob sie den Sprung schafft?
Die Sicherheitspolitiker hüten sich davor, Namen zu nennen oder Tipps abzugeben. Trotzdem lassen sich unter ihnen zwei Lager ausmachen: Auf der einen Seite stehen jene, die wie Christina Hiltbrunner finden, die Zeit sei reif für eine Frau an der Spitze der Armee. Die Zürcher Nationalrätin Rosmarie Quadranti (BDP) hat selber Militärdienst geleistet und sagt: «Viele gute Frauen nehmen militärische Kaderpositionen ein. Sie sind kompetent genug für diese Aufgabe.»
Gerade in starren Hierarchien schafften es oft nicht die besten nach oben. Quadranti spricht deshalb von einer «Chance», der Armee eine positive Ausstrahlung zu verleihen. Zudem traue sie es einer Frau eher zu, Tabus anzusprechen, verkrustete Strukturen aufzubrechen und vor allem die Herausforderungen der Zukunft endlich anzugehen und zu meistern. Priska Seiler Graf (SP, ZH) spricht von einer «positiven Dynamik» für das «männlich dominierte System» der Armee. «Dadurch würde die Armee sicher auch für junge Frauen attraktiver.»
Auf der anderen Seite stehen Sicherheitspolitiker, welche die Frage etwas anders einschätzen: «Es gibt wahrscheinlich auch Frauen in der Armee, die sich für den Job qualifizieren», mutmasst SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE). «Wichtig ist aber allein, dass der Bundesrat die Person wählt, die am fähigsten ist – und zwar unabhängig vom Geschlecht.» Für FDP-Politikerin Corina Eichenberger (AG) ist die Zeit noch nicht reif: «Frauen sollen dieselben Chancen haben wie Männer.» Sie sagt, der nächste oder übernächste Chef der Armee könnte eine Frau sein. Dafür brauche es aber zunächst mehr Frauen im oberen Kader.
Sorry aber wie bescheuert ist es eigentlich, bei einem Armeechefposten explizit nach einem Geschlecht zu filtern..
Ich sage aber nicht, dass es nicht genügend kompetente Frauen gibt.
Und das ist das Hauptproblem. Es gibt nicht (genug) Kandidatinnen aus dem oberen Kader, die wirklich in der Lage sind, eine Armee zu leiten. Und Wachtmeisterin zu sein ist wirklich nicht genug. Sorry liebe Christina..