Gegen den Widerstand von SP, Grünen und GLP genehmigte eine Mitte-Rechts-Koalition am Montag eine Motion für eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes. Diesem soll ein neuer Artikel 22b eingefügt werden.
Diesem zufolge darf künftig der Bundesrat von den bisherigen Bewilligungskriterien für die Ausfuhr von Kriegsmaterial ins Ausland dann abweichen, wenn ausserordentliche Umstände vorliegen. Auch muss die Wahrung der aussen- oder der sicherheitspolitischen Interessen des Landes dies erfordern.
Die Gegner dieser Änderung sagen, vor zwei Jahren habe das Parlament den Artikel 22b aus dem Gegenvorschlag des Bundesrats zur Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» gestrichen. Das habe entscheidend zum Rückzug dieses Volksbegehrens beigetragen. Es sei undemokratisch, den Artikel 22b nun doch einzuführen.
Nur Minuten nach dem Entscheid kündigte die Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) das Referendum gegen die Gesetzesrevision an. Die Grünen teilten mit, sie würden ein solches prüfen, falls der Bundesrat dem Parlament «die Aushöhlung des Kriegsmaterialgesetzes in der aktuellen Form vorlegt».
Die SVP-, FDP- und die Mitte/EVP-Fraktion im Nationalrat unterstützten das Revisionsvorhaben, das von der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats stammt. Thomas Rechsteiner (Mitte/AI) sagte im Namen seiner Fraktion, das Umfeld habe sich seit dem Beginn des Angriffskriegs von Russland in der Ukraine stark verändert.
Eine starke Rüstungsindustrie sei wichtig für die Schweiz und für Kunden dieser Industrie im Ausland. Rechsteiner sagte auch, die Bestimmungen im bestehenden Artikel 22a des Kriegsmaterialgesetzes schränkten die Landesregierung ein. «Das ist kein Freipass für den Bundesrat», so Rechsteiner.
Konkret sieht der verlangte Artikel 22b vor, dass der Bundesrat die Sicherheitspolitischen Kommissionen der Räte innert 24 Stunden über seinen Beschluss informieren muss, wenn er mittels Verfügung eine Abweichung von Artikel 22a beschliesst. Wird die Abweichung von den Bewilligungskriterien per Verordnung umgesetzt, muss diese befristet sein.
Maja Riniker (FDP/AG) sagte im Namen der Kommissionsmehrheit, die in Artikel 22a des Kriegsmaterialgesetzes genannten Bewilligungskriterien für Ausfuhren blieben vollständig anwendbar.
«Mit dieser Motion helfen Sie der Ukraine nicht», sagte Priska Seiler Graf (SP/ZH) hingegen im Namen ihrer Fraktion und im Namen einer Minderheit der vorberatenden Kommission. Eine solche Änderung würde nur das Klischee einer Schweiz bestätigen, welche von Konflikten profitieren wolle.
Die SP sei bereit, über Lösungen bei der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial zu sprechen. Hier aber wolle das Parlament Spielraum schaffen dafür, dass Waffenexporte in Staaten gingen, «welche Menschenrechte klar verletzen», fuhr Seiler Graf fort.
Auch Melanie Mettler (GLP/BE) sprach im Namen ihrer Fraktion von einem «etwas dreisten» Vorgehen und Marionna Schlatter (Grüne/ZH) im Namen ihrer Fraktion von einem «Geschenk an die Rüstungsindustrie».
Die Initianten selber hätten seinerzeit vorgeschlagen, ins Kriegsmaterialgesetz einen Ausnahmeartikel aufzunehmen: Das sagte Guy Parmelin an die Adresse derjenigen, welche den Artikel 22b zwei Jahre nach dem Rückzug der Korrekturinitiative als staatspolitisch heikel bezeichneten.
Dieser Ausnahmeartikel hätte erlauben sollen, dass die Schweiz Kriegsmaterial auch in Staaten ausführt, welche in einen Konflikt verwickelt sind. Dies, sofern diese Länder als demokratische Staaten gegolten und sofern sie über eine der Schweiz ähnliche Ausfuhrkontrolle aufgewiesen hätten, sagte Parmelin weiter.
Insofern sei der im Mai 2022 in Kraft getretene Gegenvorschlag des Bundesrats strikter als das, was die Korrekturinitiative zu Beginn gewollt habe. Es sei also demokratiepolisch möglich, auf einen dem ursprünglichen Initiative ähnlichen Vorschlag zurückzukommen. Mit 117 zu 74 Stimmen ohne Enthaltungen stimmte der Nationalrat der Motion aus dem Ständerat zu.
(dab/sda)
Doch da fehlt dem Parlament der Mut.