Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative für einen Bürgerdienst ab, und er will auch keinen Gegenvorschlag zur im vergangenen Oktober eingereichten Service-citoyen-Initiative. Das hat er am Freitag entschieden.
Die Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)» verlangt, dass Schweizerinnen und Schweizer einen Dienst für Allgemeinheit und Umwelt leisten. Das könnte entweder ein Dienst bei der Armee sein oder ein anderer, gleichwertiger und anerkannter Milizdienst.
Der Sollbestand von Armee und Zivilschutz muss garantiert bleiben. Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz wohnen, will die Initiative von der Dienstpflicht nicht ausnehmen. In welchem Umfang sie Dienst leisten sollen, soll auf Gesetzesebene geregelt werden.
Auch wenn der Bundesrat das Anliegen anerkennt, dass Bürgerinnen und Bürger kollektive Verantwortung für die Gesellschaft wahrnehmen, lehnt er die Initiative ab, und er will auch keinen Gegenvorschlag.
Zunächst ist für den Bundesrat auch mit der Initiative unsicher, ob Armee und Zivilschutz künftig genügend Personal erhalten. Auch fragt er sich, ob die Dienstpflicht mit dem Zwangsarbeitsverbot vereinbar ist. Er hat aber auch volkswirtschaftliche Bedenken, weil gegenüber heute etwa doppelt so viele Menschen dienstpflichtig wären.
Der Wirtschaft so viel Personal zu entziehen, ohne dass die Tätigkeiten der Dienstpflichtigen einen direkten Zusammenhang zum nachgewiesenen Sicherheitsbedarf hätten, sei nicht sinnvoll, schreibt er. Wegen der höheren Zahl von Dienstpflichtigen würden zudem die Kosten für den Erwerbsersatz steigen.
Mit einem Bürgerdienst oder Service citoyen würden nicht nur die Zahl der Diensttage, sondern jene der Einsatzbereiche steigen, gibt der Bundesrat zu bedenken. Es sei offen, ob die Dienstpflicht mit der geltenden relativen Arbeitsmarktneutralität vereinbar wäre - dass also nicht hauptberuflich Tätige aus ihren Jobs gedrängt werden.
Der Bundesrat stützt seine Argumentation gegen den Service citoyen auf seinen vor etwa zwei Jahren veröffentlichten Bericht zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz. Darin seien bereits zwei Varianten für eine Bürgerdienstpflicht geprüft und verworfen worden.
Die Initiantinnen und Initianten hatten beim Einreichen ihres Begehrens viel Zuspruch erhalten: Laut dem Generationenbarometer von Sotomo befürworteten 74 Prozent der Bevölkerung einen Service citoyen für alle, schrieben sie damals.
Sie wollen mit ihrem Begehren eine Diskussion in Gang bringen. Eine Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems sei seit Jahren blockiert, und sie habe die Sicherung der Bestände der Armee im Fokus, machen sie geltend. Statt diese «Bedarfsoptimierung am Volk vorbei» brauche es eine umfassende Reform.
Das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) arbeitet zurzeit an zwei Varianten für eine Weiterentwicklung der Dienstpflicht. Die Ergebnisse liegen nach Angaben des Bundesrats Ende Jahr vor.
Der Verein Servicecitoyen.ch wurde 2013 in Genf gegründet. Zu seinen Partnern für die Initiative gehören GLP, EVP und Piratenpartei sowie die Junge GLP, die Junge Mitte, die Junge EVP, die Mitte-Partei Genf, die FDP Genf, die FDP Neuenburg sowie die Demokratie-Plattform Wecollect.
Im Initiativkomitee sitzen mehrere Mitglieder des eidgenössischen Parlaments, nämlich die Nationalräte Islam Alijai (SP/ZH) und Emmanuel Amoos (SP/VS), die Nationalrätinnen Corina Gredig (GLP/ZH) und Maja Riniker (FDP/AG), Ständerätin Johanna Gapany (FDP/FR) und Ständerat Charles Juillard (Mitte/JU). Mit von der Partie ist auch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL).
Das Parlament kann sich aber noch nicht sofort zur Initiative äussern. Die Botschaft an die Räte wird das zuständige Verteidigungsdepartement nun ausarbeiten; sie muss bis im kommenden Oktober vorliegen. (saw/sda)
Zudem ist für mich die Dienstpflicht für Männer in der Schweiz auch "Zwangsarbeit" im eigentlichen Sinne. Da hat man anscheinend kein Problem 🤷♀️🤷♂️
Die Ausrede des Bundesrates von wegen Zwangsarbeit ist komisch. Männer dürfen ja schon immer dazu gezwungen werden.
Kann mir jemand erklären, weshalb der der Militärdienst oder der Zivildienst nicht das Zwangsarbeitsverbot touchiert?
Ich werde ja dazu gezwungen, Militärdienst zu leisten. Oder kann ich das Angebot ablehnen, wie zb bei der Feuerwehr?
Ich frage aus unwissenheit, nicht rethorisch :-)