Zwei hohe Tiere der Schweizer Armee leiteten die umstrittene Schiessübung mit zwei nordkoreanischen Offizieren auf dem Schiessstand einer Genfer Kaserne. Die Nordkoreaner sind auf Einladung des Schweizer Botschafters in der Schweiz gewesen. Dies zeigen am Mittwoch veröffentlichte Recherchen der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens und des «Blick».
Offenbar ist es bei der Schiessübung auch zu einem Zwischenfall gekommen. Bei einer Teilnehmerin hat sich beim Hantieren ein Schuss aus dem Gewehr gelöst. Verletzt wurde dabei aber niemand.
Wie Armeesprecher Daniel Reist bestätigt, hatte ein Oberst im Generalstab die Aktion geleitet. Auch ein Oberstleutnant war mit von der Partie. Sie hatten die Schiessübung aus persönlicher Initiative geplant. «Berufsoffiziere dürfen Schiessübungen mit Zivilpersonen organisieren», sagte Reist. Es gebe ab und zu Schiessübungen mit ausländischen Gästen, so der Armeesprecher.
Der Oberst i.G. ist eigentlich in Zürich stationiert. Er leitet eine hochsensible Abteilung für elektronische Kriegsführung, die den Bundesrat unterstützt, wie die «Rundschau» berichtet.
Die Schweizer Armee tausche sich gelegentlich mit Armeen aus dem Ausland aus, sagt Maximilian Schubiger, Politologe und Experte für Landesverteidigung an der Universität Bern auf Anfrage von watson. «Noch unklar sind aber die Umstände der Schiessübung in Genf», so Schubiger. «Sie wurde ja offenbar ohne Auftrag, also nicht im Rahmen einer Zusammenarbeit, durchgeführt», sagt der Experte.
Doch wie kommt es dazu, dass zwei Armeeoffiziere eine private Schiessübung veranstalten? Woher stammt die Munition? Und wie arbeiten die Studenten des Zentrums für Sicherheitspolitik (GCSP) mit der Armee zusammen?
Dazu konnten weder der Armeesprecher noch das VBS Auskunft erteilen. Die Ermittlungen seien im Gange, sagt Armeesprecher Reist. Die Militärjustiz habe eine Untersuchung über die Hintergründe der Schiessübung eingeleitet.
Es werde abgeklärt, was genau vorgefallen sei, was davon strafrechtlich relevant sei und «wer allenfalls dafür verantwortlich ist». Wie lange die Untersuchung dauert, ist offen. Armeesprecher Reist sagte, Gegenstand der Untersuchung sei auch die Frage, woher Gewehre und Munition kamen und wie es dazu kam, dass der Schiessstand habe gemietet werden können. Ein Schiessstand der Armee könne für private Anlässe gemietet werden – allerdings nur unter militärischer Führung. Als Beispiel nannte Reist das Parlamentarierschiessen.
Jakob Büchler, CVP Nationalrat und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, findet die Sache «ein bisschen komisch», wie er im Interview mit der «Rundschau» sagt. Er staunt darüber, was passiert ist. Ihn interessiert, wer dies befohlen hat und wer die Waffen besorgt hat. «Ich bin sehr interessiert daran zu wissen, was passiert ist.»
Nach allfälligen Konsequenzen für den betreffenden Oberst gefragt, sagt Büchler: «Ich will der Justiz nicht vorgreifen, aber die Frage nach der Suspendierung stellt sich.» (aeg/owi/rar/dwi)