Bundesrätin Viola Amherd will Abläufe der Rüstungsbeschaffungen verbessern. Eine am Montag veröffentlichte externe Analyse empfiehlt, die Rolle des Parlaments bei der strategischen Ausrichtung der Armee zu stärken.
Nach einer ersten internen Analyse im vergangenen Jahr hat die Chefin des Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) dazu im Herbst 2019 eine externe Analyse an das Management-Unternehmen Deloitte in Auftrag gegeben. Es ging darum zu prüfen, ob und wie sich die Beschaffungsprozesse verbessern lassen.
Hintergrund sind Investitionen in Rüstungsgüter von insgesamt 15 Milliarden Franken in den nächsten zehn Jahren. Der grösste Posten ist die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge für 6 Milliarden Franken. Neue Boden-Luft-Raketen werden bis zu 2 Milliarden Franken kosten. Auch die Cyber-Verteidigung soll verstärkt werden.
«Vor allem bei Rüstungsmaterial mit hohem IT-Anteil besteht die Gefahr, dass Systeme bereits veraltet sind, wenn sie bei der Truppe eingeführt werden», sagte die Verteidigungsministerin am Montag vor den Medien. Im Allgemeinen laufe bei den aktuellen Beschaffungsprozessen vieles gut. Gleichzeitig lege die Analyse dar, dass sich die heutigen Beschaffungsabläufe vor allem mit Blick auf Zeit, Qualität und Kosten effizienter gestalten lassen.
Deloitte präsentierte drei Schlüsselempfehlungen. Diese wurden von einer aus externen Vertretern bestehenden Begleitgruppe analysiert, die ebenfalls Empfehlungen abgab. Zu dieser Gruppe zählte unter anderen alt-Nationalrat Adrian Amstutz (SVP/BE).
Eine der Schlüsselempfehlungen von Deloitte, die auch von der Begleitgruppe unterstützt wird, will die Rolle des Parlamentes bei der strategischen Ausrichtung der Armee stärken.
Zurzeit beantragt der Bundesrat jedes Jahr mit der Armeebotschaft beim Parlament Verpflichtungskredite für beschaffungsreife Rüstungsgüter. Künftig soll der Bundesrat das Parlament stattdessen auf einer übergeordneten Ebene stärker einbeziehen.
So soll sich das Parlament einmal pro Legislatur mit der Frage befassen, wie die Armee ihre Aufträge mittel- bis längerfristig erfüllen soll, dies zusammen mit dem Zahlungsrahmen und für jeweils vier Jahre. Die Oberaufsicht bleibe gewahrt, hiess es. Denn das Parlament kann sich im Rahmen des jährlichen Voranschlags mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan weiterhin zu den Beschaffungen einbringen.
Diese Anpassung stärkt das Parlament in seiner Rolle, die mittel- bis längerfristige Ausrichtung der Armee strategisch zu steuern. Dieser Ansatz erhöht nach Meinung von Amherd die Flexibilität und Agilität bei den Beschaffungsprojekten.
Ein solcher Wandel lässt sich nur schrittweise und in engem Austausch mit den zuständigen parlamentarischen Kommissionen umsetzen. Ein erster Austausch mit den sicherheitspolitischen Kommissionen hat bereits stattgefunden. Je nach Resultat der weiteren Gespräche könnte der Bundesrat im Hinblick auf die Legislatur 2023 bis 2027 erstmals eine Botschaft über die Ausrichtung der Armee präsentieren.
Die externe Begleitgruppe ist sich bewusst, dass ein solcher Paradigmenwechsel auch Risiken birgt, wie sie in ihrem Bericht schreibt. Aber die Schaffung eines Dialogs zwischen dem VBS, dem Bundesrat und dem Parlament erlaube es den politischen Instanzen, ihre Verantwortung bei der strategischen Ausrichtung der Armee besser zu erfüllen.
Die beiden weiteren Schlüsselempfehlungen von Deloitte lassen sich VBS-intern umsetzen. Dabei geht es darum, dass die Beschaffungsprojekte besser als mit den heutigen Koordinationsorganen zwischen der Gruppe Verteidigung und armasuisse gesteuert werden. Dazu braucht es einen besseren Überblick über die laufenden, oft voneinander abhängigen Projekte.
Die Begleitgruppe hält es nicht für sinnvoll, neue Organe zu schaffen, um Beschaffungsprojekte zu leiten. Verbesserte Verfahren könnten innerhalb der Verwaltung mit den bestehenden Instanzen durchgeführt werden.
Amherd erteilte den Auftrag, die Umsetzung der Empfehlungen in den kommenden Monaten zu realisieren. Eine Gesetzesanpassung sei nicht nötig, sagte sie.
Die Fachgruppe Swiss ASD (Aeronautics, Security and Defence), ein Zusammenschluss von international tätigen Firmen der Sicherheits- und Wehrtechnik sowie der Luftfahrt, begrüsste den Bericht von Deloitte und der Begleitgruppe zur Verbesserung der Abläufe bei Rüstungsbeschaffungen.
Der darin vorgeschlagene Paradigmenwechsel brächte deutliche Verbesserungen. Das Parlament wäre für die nachhaltige, strategisch ausgerichtete Steuerung der Beschaffungen verantwortlich und nicht mehr für operative Beschaffungsentscheide. (sda)