Nach der Trennung seiner Frau wollte der Aargauer Andreas L. ein halbes Jahr quer durch Lateinamerika reisen. Von den Anden via Chile nach Brasilien, den südamerikanischen Kontinent mit dem Motorrad durchqueren.
Bei seinem Geschäft nahm sich der Chef von über 1000 Mitarbeitern einen Sonderurlaub, ein sogenanntes Sabbatical.
Doch als er in einem Dorf in Peru war, erfuhr er von seinem Vater, dass er von Interpol gesucht wird. Laut «Tagesanzeiger» erkundigte sich L. daraufhin bei der Aargauer Staatsanwaltschaft, weshalb international nach ihm gefahndet werde.
Ohne Begründung wurde er angewiesen, sich bei der nächsten Polizeistelle zu melden. Dies tat er nicht und suchte stattdessen eine Honorarkonsulin auf, die ihm ebenfalls davon abriet, zu den örtlichen Behörden zu gehen. Denn die Haftbedingungen im südamerikanischen Land sind hart. Auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) warnt davor.
Andreas L. versuchte den Ball flach zu halten, verzichtete auf weitere Touren mit seinem Motorrad. Nur wenige Tage später reiste er nach Lima, in ein Hotel nahe der Schweizer Botschaft – diese hatte ihm dazu geraten.
Dort erfuhr er endlich den Grund für den Haftbefehl: Vier ausstehende Alimentenzahlungen. Die Schweizer Botschaft konnte nach langem Verhandeln den Strafbefehl der Aargauer Staatsanwaltschaft temporär aufheben, so dass der Aargauer zurück nach Zürich reisen konnte.
Dort wurde er am Flughafen Zürich-Kloten von einer Polizeitruppe empfangen und in eine unterirdische Zelle gesteckt. Wie der «Tagesanzeiger» weiter berichtet, waren die einzige Naturlichtquelle ein Schacht, durch den auch Abgase von parkierenden Autos geblasen wurde.
Drei Monate wollte die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach den Manger so in Untersuchungshaft behalten – nach vier Tagen wurde er bereits wieder freigelassen.
Das Aargauer Zwangsmassnahmengericht entschied, dass kein Haftgrund vorlag: Das Vernachlässigen von Unterhaltungspflichten sei kaum ein so schweres Delikt, welches Einsperren rechtfertigte. Ein weiterer Vorwurf war, dass er grössere Geldsummen abgehoben habe – allerdings von seinen eigenen Konten, was für die Haftrichterin kein Vermögensdelikt darstellte.
Trotzdem ordnete die Staatsanwaltschaft unter Leiter Sandro Rossi eine Hausdurchsuchung an, beschlagnahmte Gegenstände, sperrte Konten des Managers und sogar das Postkonto seines Vaters. Auch dies war eine unzulässige Handlung, wie später entschieden wurde.
Mittlerweile hatte die Ehefrau den Strafantrag zurückgezogen, das Strafverfahren wurde eingestellt. Nun stellte sich die Frage, ob der Manager Andreas L. für die Schikanen der Inhaftierung entschädigt werden muss. Rossi weigerte sich. Das Obergericht wies den Staatsanwalt gemäss «Tagesanzeiger» an, eine Genugtuung und Entschädigung zu zahlen, was Rossi, der auch dem Vorstand der SVP Rohrdorferberg angehört, verweigerte.
«Er würde sich über einen Gerichtsentscheid hinwegsetzen», tadelte das Obergericht den Staatsanwalt und forderte erneut eine Entschädigung in der Höhe von gut 7000 Franken. Rossi weigerte sich und zog vor das Bundesgericht – wo er ebenfalls abblitze.
Nun doppelte der Manager nach. Er stellte in einer Strafanzeige dem Leiter der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach Freiheitsberaubung, Nötigung und Amtsmissbrauch vor. Die Aargauer Justiz muss nun entscheiden, ob eine Staatsanwaltschaft eines anderen Kantons den Vorfall untersuchen soll.
Ebenfalls wurde lauft beim Regierungsrat eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagte Andreas L., dass «ein solches Verhalten der Aargauer Justiz menschenverachtend und inakzeptabel ist». (mhu)