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Därstetten: Mutter des Findelkindes verurteilt

«Versuchte Kindstötung»: Mutter des Findelkindes von Därstetten verurteilt

23.06.2022, 11:3423.06.2022, 15:46
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Die Mutter des Findelkindes von Därstetten BE ist am Donnerstag zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt worden. Das Regionalgericht in Thun sprach sie der versuchten Kindstötung schuldig.

Die heute 44-jährige Frau hatte in einer kalten Winternacht Anfang 2020 ihr Neugeborenes im Werkhof von Därstetten im Simmental abgelegt. Das Mädchen wurde am nächsten Morgen gerade noch rechtzeitig entdeckt. Heute lebt es in einer Pflegefamilie.

Die Gerichtspräsidentin sagte bei der Urteilsverkündung, die Mutter habe den Tod des Kindes zwar nicht gewollt. Sie habe ihn aber in Kauf genommen. Das Mädchen habe nur durch Zufall überlebt. Ein Besucher des Werkhofs hatte das Baby am Morgen entdeckt.

Das Kind hatte die Frau nicht mit ihrem Lebenspartner gezeugt, sondern mit einem anderen Mann, mit dem sie eine Affäre hatte. Das habe sie vertuschen wollen und deshalb das Baby nach der Spontangeburt aus egoistischen Gründen im Stich gelassen, sagte die Richterin.

Eine gewisse Reue habe die Mutter zwar gezeigt, indem sie sich dem Strafverfahren gestellt habe. Sie habe sich aber nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft nicht ernsthaft für das Mädchen interessiert.

Das Gericht hatte die Mutter vom Erscheinen zur Urteilsverkündung dispensiert, weil sie im Ausland wohnt und noch am Abend des ersten Prozesstags zurückreisen musste. Die Frau wurde am Donnerstag per Video zugeschaltet.

Sie habe das Urteil gefasst aufgenommen, sagte ihr Verteidiger der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er hatte eine bedingte Strafe von acht Monaten wegen Aussetzung gefordert. Ob er das Urteil weiterzieht, liess er offen.

Keine Landesverweisung

Positiv sei, dass die Strafe bedingt ausgesprochen worden sei und das Gericht auf eine Landesverweisung verzichtet habe. Dadurch bleibe die Möglichkeit eines Kontakts zwischen Mutter und Tochter bestehen.

Die Gerichtspräsidentin sagte der Frau, den Fehler aus jener kalten Winternacht könne sie nicht rückgängig machen. Aber immerhin habe sie sich dem Verfahren gestellt und sei am Dienstag vor Gericht erschienen.

«Erklären Sie es ihr»

Nun wünsche sich das Gericht, dass sie den Kontakt zu ihrer Tochter und deren Pflegefamilie suche. Wenn das Mädchen grösser sei, werde sie irgendwann wissen wollen, warum sie die Mutter als Neugeborenes im Stich gelassen habe. «Erklären Sie es ihr.»

Die Staatsanwältin hatte eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten gefordert. Sie liess auf Anfrage ebenfalls offen, ob sie das Urteil weiterzieht. (sda)

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5 Kommentare
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Oberland-Autobahn
23.06.2022 16:40registriert Juli 2021
Sehr schräge Aufforderung des Gerichts, dass die Täterin den Kontakt zu ihrem Opfer suchen solle! Sowas habe ich noch nie gehört, und würde in der Form sicher nie geäussert werden bei einem Vater oder sonst einem Mann als Täter. Der Mythos der im Grunde ewig guten Mutter ist wohl auch vor Gericht nicht totzukriegen, sogar wenn eine Mutter ihr Kind aus rein egoistischen Motiven einem Erfrierungstod ausgesetzt hat.
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