Am Montag ist in Bern die Frühlingssession des Parlaments gestartet. Sind die Ratsmitglieder aus der ganzen Schweiz in Bern, haben auch Lobbyisten Hochsaison. Konkret: An den dreizehn Sitzungstagen des Parlaments sind insgesamt mindestens 75 Veranstaltungen angekündigt, an welchen Lobbyisten ihre Interessen den Parlamentarierinnen und Parlamentarier schmackhaft machen wollen.
Laut der Organisation Lobbywatch ist dies ein Rekord. Sie sammelt die Einladungen und erstellt jeweils eine Liste mit den Veranstaltungen, die für die laufende Session geplant sind. Die Auswahl ist breit. Der Industrieverband Swissmem etwa organisiert ein Treffen im Hotel Schweizerhof zum Thema «Arbeitsmarktfähigkeit älterer Arbeitnehmender». Eine Allianz von Umweltverbänden lädt zum Rendez-Vous im Käfigturm. Und der Verband der schweizerischen Filmbranche Cinésuisse zeigt in einem Kino den Film «Moskau einfach!».
Doch auf mindestens 17 Veranstaltungen haben die Massnahmen des Bundes zur Eindämmung des Coronavirus nun konkrete Auswirkungen. Diese Veranstaltungen hätten alle im Bundeshaus selber stattfinden sollen, etwa in Sitzungszimmern oder dem Restaurant. Letzte Woche hat die Verwaltungsdelegation des Bundesparlaments nämlich entschieden, dass Tagesbesucher diesmal keinen Zutritt ins Bundeshaus haben. Laut Thomas Angeli von Lobbywatch dürfen darum auch die im Bundeshaus geplanten Veranstaltungen nicht durchgeführt werden.
Weiterhin Zutritt zum Bundeshaus haben Lobbyistinnen und Lobbyisten, die über einen Zutrittsausweis verfügen. Jedes Ratsmitglied kann zwei solcher Badges vergeben.
Ob wegen des Veranstaltungsverbots des Bundes und der verschärften Vorlagen der Kantone auch Lobby-Treffen ausserhalb des Bundes abgesagt werden müssen, ist zurzeit nicht klar. Reto Wiesli, der Präsident der Schweizerischen Public Affairs Gesellschaft (Spag) sagt auf Anfrage von CH Media, er habe bis jetzt keine Kenntnis von Absagen. Für die Generalversammlung und den Sessionsanlass der Spag, die beide am 10. März stattfinden werden, habe es aber bereits Absagen gegeben. Einzelpersonen wollten wegen des erhöhten Ansteckungsrisiko auf eine Teilnahme verzichten.
Zu den Veranstaltungen, die innerhalb des Bundeshaus stattgefunden hätten, sagt Wiesli, dass wohl nicht alle abgesagt würden. Teils könnten sie auch an einem anderen Ort stattfinden. Doch Wiesli sagt auch, die Nähe zu den Parlamentariern sei für Lobbyisten zentral. «Wenn Treffen nicht im Bundeshaus stattfinden, können die Ratsmitglieder nicht rasch zur nächsten Abstimmung gelangen». Zu Randzeiten sei es für Lobbyisten aber durchaus möglich, noch Treffen ausserhalb zu organisieren.
So oder so wird das Coronavirus seine Spuren hinterlassen in der Frühlingssession – etwa in der Form von Vorstössen. Reto Wiesli rechnet damit, dass beispielsweise Wirtschaftsvertreter wegen den teils massiven Einbussen parlamentarische Vorstösse für einen Entschädigungsfonds oder andere zusätzliche Mittel des Bundes anregen werden. Aber auch aus Gewerkschaftskreisen sind bereits Rufe nach Unterstützung des Bundes zu hören.
Für den Rekord an Lobby-Veranstaltungen, die für die laufende Session geplant sind, gibt es laut Lobbywatch übrigens einen Grund. Aussergewöhnlich viele Treffen finden nämlich von sogenannten parlamentarischen Gruppen statt. Doch am 20. März werden neue Richtlinien zu diesen Gruppen in Kraft treten. Bis anhin konnten sich Ratsmitglieder relativ lose solchen Gruppen anschliessen. Gleichzeitig wurden – wie Lobbywatch auf seiner Website schreibt – aber immer wieder auch Personen als Mitglieder einer Gruppe auswiesen, ohne dass sie davon gewusst hätten.
Ziel der neuen Richtlinien sei es deshalb, den Wildwuchs unter den parlamentarischen Gruppen einzudämmen und Transparenz zu schaffen. Wegen den neuen Richtlinien müssen die parlamentarischen Gruppen neu alle ihre Mitglieder offiziell ausweisen. Und mit den zahlreichen geplanten Apéros, Lunches und Nachtessen, so mutmasst Lobbywatch, wollten die Gruppen nun um offizielle Mitglieder buhlen. (aargauerzeitung.ch)
Ja ich weiss... aber man darf ja wohl noch träumen...
Den Parlamentariern muss doch jemand sagen wie sie abstimmen müssen, ind wichtiger, die Gründe warum die gegen den Bürger stimmen.