Roger Köppel gibt sich beim SVP-Anlass im Zürcher Hauptbahnhof volksnah.
Bild: KEYSTONE
Einige bekannte
Köpfe wollen als Quereinsteiger in den Nationalrat einziehen. Ihre Perspektiven sind unterschiedlich: Die einen sind gut unterwegs,
andere müssen sich anstrengen.
02.10.2015, 09:0205.10.2015, 10:50
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Quereinsteiger sind umstrittene Figuren. Für Kandidatinnen und
Kandidaten, die die klassische «Ochsentour» absolviert haben,
sind sie ein Ärgernis, weil sie ihnen häufig vor der Sonne stehen
und den Aufstieg zu höheren Weihen verhindern. Dennoch
rekrutieren die Parteien gerne Leute mit prominentem Namen oder
illustrem Background, so auch bei den diesjährigen Wahlen.
Einige
sind reine Stimmenfänger, etwa die Ex-Miss-Kosovo Keshtjella Pepshi,
die für die Berner CVP kandidiert. Andere haben reelle Wahlchancen:
Roger Köppel
Die Kandidatur des
Verlegers und Chefredaktors der «Weltwoche» hat an der Basis der
Zürcher SVP nicht nur für Begeisterung gesorgt. Sie setzte ihn bei
der Zusammenstellung der Wahlliste bloss auf Platz 17. SVP-Präsident
Toni Brunner sprach von einem «verschossenen Penalty».
SVP-Übervater Christoph Blocher mit «Ziehsohn» Roger Köppel.
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Trotzdem dürfte
Köppel das Feld von hinten aufrollen. Er ist ein brillanter Redner
und gilt als «Ziehsohn» und designierter «Thronfolger» von
SVP-Übervater Christoph Blocher. Im Wahlkampf treten sie öfters
gemeinsam auf. Die vom Strassenmagazin «Surprise» losgetretene
Kontroverse um den Aufruf «Tötet Roger Köppel!» dürfte ihm mehr
nützen als schaden.
Wahlchance: Sehr gut
Magdalena
Martullo-Blocher
Neben Köppel tritt
auch Blochers leibhaftige Tochter an, sie will für die SVP
Graubünden einen Nationalratssitz erobern. Die von ihr geleitete Ems
Chemie ist der grösste private Arbeitgeber des Kantons. Martullo
selber aber ist Zürcherin und im Bündnerland kaum verwurzelt. Sie
will auch nach einer allfälligen Wahl in Meilen wohnhaft bleiben,
ihre Arbeit erledigt sie meist von ihrem Büro in Herrliberg aus. Am
populären SVP-Nationalrat Heinz Brand dürfte sie kaum vorbeikommen.
Heinz Brand (r.) dürfte Magdalena Martullo-Blocher vor dem Sünneli stehen.
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Die SVP müsste einen zweiten Sitz gewinnen, doch keine grössere Partei wollte mit ihr eine Listenverbindung eingehen. Eine repräsentative Umfrage von Ende August sah die SVP als klare Siegerin
im Kanton, dennoch werde es ihr nicht gelingen, den zweiten Sitz zu
erringen. «Absehbar ist, dass Nationalrat Heinz Brand in Bern
bleibt – und Magdalena Martullo-Blocher in Domat/Ems»,
kommentierte die Zeitung «Südostschweiz».
Wahlchance: Gering
Tim Guldimann
Der 65-jährige
Spitzendiplomat trat Ende Juni als Schweizer Botschafter in Berlin in
den Ruhestand. Ans Aufhören denkt der dezidierte Pro-Europäer aber
nicht, vielmehr will Guldimann mit dem Slogan «Der
Internationalrat» für die SP Zürich ins Bundesparlament. Er
selbst sieht sich als Kandidat der Auslandschweizer, denn er will
auch nach einer allfälligen Wahl in Berlin leben und für die
Sessionen und Kommissionssitzungen nach Bern pendeln.
Im Juni trat Tim Guldimann als Botschafter in Berlin in den Ruhestand.
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Bei den Genossinnen
und Genossen sorgte dies für Stirnrunzeln, denn dies passt nicht zur
angestrebten 2000-Watt-Gesellschaft. Andererseits ist die einstige
Büezerpartei für glamouröse Quereinsteiger durchaus empfänglich.
So wurde Ex-Fernsehmann Matthias Aebischer vor vier Jahren entgegen
den meisten Prognosen im Kanton Bern in den Nationalrat gewählt.
Wahlchance: Intakt
Christine Bussat
Die 44-jährige
Gründerin der Kinderschutzorganisation Marche Blanche hat mit zwei
ebenso populären wie rechtsstaatlich umstrittenen Volksbegehren für
Furore gesorgt: Die Unverjährbarkeits- und die Pädophileninitiative
wurden vom Volk angenommen. Nun will die Waadtländerin nach Bern,
allerdings nicht für die SVP. Sie ist der einstigen PdA-Anhängerin
zu radikal und fremdenfeindlich. Vielmehr kandidiert Bussat auf der
Liste der BDP.
Christine Bussat will für die BDP nach Bern.
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Für die Widmer-Schlumpf-Partei ist Bussat beinahe ein Geschenk
des Himmels. Die BDP erhält mit ihr ein Aushängeschild in der
Romandie, wo sie bislang kaum Fuss fassen konnte. Mit ihrem
Kinderschutzimage dürfte Christine Bussat viele Frauen
ansprechen. Ausserdem profitiert sie von einer breiten
Listenverbindung mit CVP, EVP und Grünliberalen.
Wahlchance: Gut
Claude Béglé
Als
Verwaltungsratspräsident der Post musste der 66-jährige Waadtländer
vor fünf Jahren unfreiwillig abtreten. Er hatte sich mit Konzernchef
Michel Kunz einen Machtkampf geliefert, dem am Ende beide zum Opfer
fielen. Nun könnte sich diese Konstellation wiederholen, denn Béglé
drängt in den Nationalrat. Bereits vor vier Jahren kandidierte er
für die Waadtländer CVP, doch er musste sich dem Bisherigen Jacques
Neirynck geschlagen geben.
Auf dem CVP-Plakat posieren Claude Béglé und Jacques Neirynck einträchtig nebeneinander, in Wirklichkeit bekämpfen sie sich heftig.
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Jetzt ist Claude
Béglé Spitzenkandidat. Neirynck aber will nicht einfach abtreten.
Der gebürtige Belgier ist zwar bereits 83 Jahre alt, er bewirbt sich
jedoch auf der CVP-Seniorenliste erneut. Die Zeitung «Le Temps» spricht von einem «Bruderkrieg auf Waadtländer Boden», der am
Ende sogar den CVP-Sitz gefährden könnte. Eine mögliche
Profiteurin wäre Christine Bussat.
Wahlchance:
Durchzogen
Marcel Dobler
In Bern habe es zu
wenig Unternehmer, wird oft geklagt. Marcel Dobler will für Abhilfe
sorgen. Er gründete 2001 mit zwei Kompagnons den Elektronikhändler
Digitec. Vor drei Jahren übernahm die Migros 30 Prozent der Firma
für angeblich 42 Millionen Franken. Dank dem vielen Geld kann sich
der 35-jährige Dobler einen aufwändigen Wahlkampf leisten – er
will für die FDP St. Gallen in den Nationalrat und hat dafür die PR-Firma Stöhlker angeheuert.
Digitec-Mitbegründer Marcel Dobler hofft auf einen FDP-Sitzgewinn in St. Gallen.
Genau in der heissen
Phase des Wahlkampfs hat Dobler die Website preispranger.ch lanciert,
mit der er gegen überteuerte Importprodukte vorgehen und den
Einkaufstourismus eindämmern will. Es könnte sich auszahlen. Zwar
startet Marcel Dobler «nur» vom fünften Listenplatz, doch ihm
wird zugetraut, den wackelnden Sitz der St. Galler Grünliberalen
einzunehmen.
Wahlchance: Intakt
Hans-Ulrich Bigler
Mit seinem (fast)
erfolgreichen Feldzug gegen das revidierte Radio- und Fernsehgesetz
(RTVG) schaffte es der Gewerbeverbands-Direktor national in die
Schlagzeilen. Schon während des Abstimmungskampfes musste er sich
gegen den Verdacht wehren, er wolle nur seine
Nationalratskandidatur ankurbeln. Der gebürtige Berner will für die
Zürcher FDP in die grosse Kammer.
Hans-Ulrich Bigler kommentiert das Ergebnis der RTVG-Abstimmung.
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Im ersten Anlauf war
er vor vier Jahren noch gescheitert. Nun sind die Perspektiven
erfreulicher, auch dank dem allgemeinen Aufwärtstrend der FDP. Falls
die Freisinnigen wie erwartet einen zusätzlichen Sitz holen und
Ruedi Noser in den Ständerat gewählt wird, könnten zwei Mandate
vergeben werden. Für die NZZ ist Bigler in der Favoritenrolle, auch
weil er «weit in die SVP hinein punktet».
Wahlchance: Gut
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Und sry für die schlechte "Photoshop" Quali ...
Die "leibhaftige Tochter Blochers" (liest sich wie DER Leibhaftige schlechthin ;) würde ich zwar noch nicht ganz abschreiben, während der Intellektuelle Köppel trotz seinem miserablen Listenplatz mit Bravour gewählt werden dürfte. Bussat und Guldimann werden es mit grosser Wahrscheinlichkeit schaffen, während die Ex-Miss Kosovo eine reine Lachnummer ist, typisch CVP halt.
Wird aber so oder so spannend werden, wer für die ca. 35 Abtretenden der verschiedenen Parteien nachrücken wird...