Im letzten grossen Testlauf vor den eidgenössischen Wahlen im Oktober wurde diesen Sonntag in Genf, Luzern und dem Tessin gewählt. Die wichtigsten Resultate und Einordnungen im Überblick:
Die grosse Gewinnerin des Wochenendes ist die SVP. Sowohl in Luzern als auch in Genf konnte sie um 3,4 Prozentpunkte zulegen.
In Luzern ergatterte die SVP fünf Sitze im Kantonsrat, wobei daran erinnert werden muss, dass sie 2019 sieben Sitze verloren hatte. Somit ist sie nach der Mitte die zweitstärkste Partei in der grossen Kammer. Im Regierungsrat muss die Volkspartei aber noch um ihren einzigen Sitz bangen: Armin Hartmann erreichte das absolute Mehr nicht und muss am 14. Mai zum zweiten Wahlgang noch einmal antraben. Seine Chancen stehen jedoch gut: Er hatte im ersten Wahlgang einen Vorsprung von rund 11'000 Stimmen.
Wer den Sitz des abtretenden parteilosen Marcel Schwarzmann übernimmt, wird sich ebenfalls erst am 14. Mai zeigen. Nach Hartmann kommen Ylfete Fanaj von der SP und Claudia Hauser von der GLP, wobei Fanaj ein gutes Stück vorne liegt.
Während die SVP in Genf zwar vier Sitze zulegen konnte, war es doch jemand anderes, der den grössten Erfolg verbuchen konnte: die Liste «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» von Ex-Staatsrat Pierre Maudet. Seine Bewegung erhielt auf Anhieb stattliche 10 Sitze im Kantonsparlament. Maudet war nach diversen Korruptionsskandalen der FDP verwiesen worden und nun auf eigene Faust angetreten.
Im Regierungsrat sind die Ergebnisse jedoch noch nicht klar: Keiner der Antretenden konnte das absolute Mehr für einen Einzug in den sogenannten Staatsrat erreichen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die FDP-Frau Anne Hiltpold und Pierre Maudet beide der Mitte respektive der SP einen Sitz abluchsen werden.
Und im Tessin konnte die SVP-Verbündete Lega dei Ticinesi die Regierungsratssitze von Norman Gobbi und Claudio Zali allem Anschein nach souverän verteidigen. Grundsätzlich änderte sich in der Parteizusammensetzung des Tessiner Regierungsrats nichts, einzig SP-Frau Marina Carobbio zieht neu ein und ersetzt ihren abtretenden Parteikollegen Manuele Bertoli.
Die Ergebnisse der Tessiner Kantonsratswahlen stehen noch aus, nach ersten Auszählungen haben jedoch SVP und Mitte an Wähleranteil zulegen können.
Eigentlich alle anderen. Die NZZ schreibt, dass sich ausser der SVP niemand so recht freuen könne; grosse Abstürze seien jedoch ebenfalls ausgeblieben. Die Bundesratsparteien mussten zwar alle Verluste einstecken, diese hielten sich jedoch in Massen.
Im Luzerner Kantonsrat profitierte die SVP von der Schwäche der Mitte und der Grünen, welche zwei respektive drei Sitze abgeben mussten.
In Genf hat derweil das Linksbündnis «Ensemble à Gauche» im Kantonsrat die nötigen 7 Prozent nicht erreichen können und wird deshalb nicht mehr in der grossen Kammer vertreten sein. Damit verliert die harte Linke 9 Sitze, die eben Maudets «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» sowie SVP und dem «Mouvement des Citoyens Genevois» zugutekommen.
Auch die FDP musste Sitze abtreten: Von den 28 Sitzen, die sie 2019 holte, muss sie ab jetzt mit 22 auskommen. Zweifelsohne dürften die meisten davon an Maudets neue Liste abgegangen sein.
Die Resultate fürs Tessin werden für Montagabend erwartet. Die ersten Ergebnisse zeigen aber Verluste für FDP, SP und die Grünen.
Die Grünen haben bislang in allen Kantonen Wähleranteile verloren (Luzern 1,2 Prozent, Genf 0,2 Prozent, Tessin bislang 2 Prozent). Damit verdeutlicht sich ein Trend, der bereits bei den Regionalwahlen in Zürich und Basel-Stadt Form angenommen hatte: Grün ist out.
Die NZZ sieht den Grund für das Versagen der Grünen darin, dass die «grüne Welle» abgeebbt sei. Der Hauptfokus liege, anders als vor vier Jahren, nicht mehr beim Klima, sondern bei der Migration und der Wohnungsnot. Auch die Grünliberalen vermögen nicht mehr auf dem Klima-Hype zu reiten: Sie haben zwar fast überall an Wähleranteilen zulegen können, doch wirklich durchbrechen konnten sie nirgends.
Die Themen, die zurzeit die politischen Diskussionen dominieren, spielen jedoch der SVP zu, womit sich deren gutes Ergebnis erklären lässt. Migration ist ein Kernthema der Volkspartei, welches sie nun ausschlachten kann. So sind seit 2022 die Asylanträge stark angestiegen, wie der Tagesanzeiger schreibt – dazu kommen über 80'000 ukrainische Flüchtlinge.
Die SVP macht damit den Schulterschluss zur Problematik der Wohnungsnot, die im Moment äusserst präsent ist: Sie gibt den Migranten die Schuld an der Wohnraumknappheit.
Dass die FDP (vor allem in Genf) so hart einstecken musste, liegt sicherlich an der neuen Konkurrenz durch Maudets «Freiheit und soziale Gerechtigkeit». Auch traten mehrere bekannte FDP-Grossräte nicht mehr an. Aber nicht zuletzt dürfte auch das CS-Debakel das Vertrauen der Wähler in die Freisinnigen geschmälert haben.
(cpf)
Die SVP nennt zwar meist auch keine Lösungen, aber sie nennt die Probleme beim Namen. Zudem ist die SVP Meisterin des Marketings, wie man im Fall Windisch gesehen hat.
Wenn SP oder Grüne in den Medien kommen, dann meist nicht einer mitreissenden Idee, sondern Genderstern, geschlechtsneutralen Toiletten, Tempo 30 oder neuen Verboten.
Dabei hätte die "grüne Wende" viel Begeisterungspotenzial, wenn man positiv kommunizieren würde.