Schweiz
Bundesrat

Markus Ritter: Darum beschwerte er sich persönlich bei Guy Parmelin

Markus Ritter, Nationalrat Die Mitte und Praesident des Schweizer Bauernverbandes, posiert fuer ein Portrait auf seinem Hof, am Montag, 27. Januar 2025, in Altstaetten. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Markus Ritter hat bereits eine Vergangenheit mit dem VBS – bald könnte er dessen Vorsteher werden.Bild: keystone

Weil sein Sohn nicht in die Armee durfte, intervenierte Markus Ritter bei Guy Parmelin

Dass die Armee seinen Sohn ausmusterte, wollte Markus Ritter nicht akzeptieren. Recherchen zeigen, wie der heutige Bundesratskandidat bei der Regierung Protest einlegte - und über das Militär herzog, dessen oberster politischer Chef er nun werden will.
07.02.2025, 18:01
Lea Hartmann / ch media
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Untauglich. Der Entscheid des Aushebungsoffiziers war für den ältesten Sohn von Markus Ritter ein Schock. Wegen gesundheitlicher Probleme mit den Augen musterte die Armee den damals 19-Jährigen aus und verknurrte ihn zum Zivilschutz.

Das liess sich Vater Ritter nicht gefallen. Der Mitte-Nationalrat, der bald neuer Verteidigungsminister werden könnte, intervenierte bei den Zuständigen der Armee – und schaltete gar den Bundesrat ein. Das zeigen Recherchen von CH Media.

Das E-Mail an den Bundesrat

Der Vorfall, der sich im Frühling 2017 abgespielt hat, illustriert, wie Markus Ritter tickt. Er ist es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen. Und bekommt er nicht, was er will, kann es für die Betroffenen unangenehm werden.

Noch am Tag der Aushebung setzt sich Ritter an den Computer. «Lieber Guy», beginnt das E-Mail, das er um 20.39 Uhr verschickt. Der Bauernverbands-Präsident kennt den damaligen Verteidigungs- und heutigen Landwirtschaftsminister Guy Parmelin gut, auch dieser ist schliesslich Landwirt.

Am 8. März 2017 wendet sich Markus Ritter in einem E-Mail an den damaligen Verteidigungsminister Guy Parmelin.
Am 8. März 2017 wendet sich Markus Ritter in einem E-Mail an den damaligen Verteidigungsminister Guy Parmelin.Ausriss: CH Media

Im Schreiben schildert er Parmelin stichwortartig den Fall seines Sohnes. Nicht nur er, sondern die Hälfte der Gruppe sei ausgemustert worden. Ritters «persönliches Fazit»: «Ich bin sehr enttäuscht.» Sein Sohn werde gegen den Entscheid aber keinen Rekurs einlegen. «Wenn die Armee auf motivierte und bestens vorbereitete junge Männer wie unseren Sohn nicht angewiesen ist, dann ist es Zeit, der Armee ‹gute Nacht› zu sagen.» Die Nachricht endet mit den Worten:

«Ich bitte dich, dem Fall nachzugehen und mich zu informieren.»

Bundesrat Parmelin kann sich auf Anfrage von CH Media nicht an das E-Mail und seine Folgen erinnern. Seine Medienstelle will die Nachricht aber nicht als privates Anliegen verstanden haben, für das sich der Nationalrat Unterstützung von ganz oben erhoffte. «Er bat um weitere Informationen, so wie das andere Parlamentarierinnen und Parlamentarier oder Bürgerinnen und Bürger häufig tun», teilt das Departement mit.

Er intervenierte auch direkt

Fakt ist: Die Nachricht hatte Konsequenzen. Während sich Parmelin nicht mehr erinnert, kann das Ritter sehr wohl. «Bundesrat Parmelin hat meine Informationen ernst genommen und hat die Prozesse auch überprüft», sagt er.

Switzerland's Economy Minister Federal Councillor Guy Parmelin, speaks during a press conference at the House of Switzerland, HoS, on the sideline of the 55th annual meeting of the World Economic ...
Bundesrat Guy Parmelin gibt an, sich nicht an den Austausch mit Markus Ritter zu erinnern.Bild: keystone

Wie Ritter bestätigt, hat er auch ein Gespräch mit den Verantwortlichen des Rekrutierungszentrums verlangt – und bekommen. Wie es aus Armeekreisen heisst, ist es äussert selten, dass Eltern wegen eines Aushebungsentscheids intervenieren.

Doch Ritter ist eben kein gewöhnlicher Vater, sondern ein bestens vernetzter Nationalrat. 21 Minuten nach dem E-Mail an Parmelin verschickte er ein zweites. Die Empfänger: Mitte-Sicherheitspolitiker aus National- und Ständerat. Auch ihnen gegenüber beklagt er sich über den Aushebungsentscheid. Verärgert schreibt er:

«Bei der Armee kann ich nur noch eines sagen: Der Letzte soll bitte das Licht löschen!»

Ritter bittet seine Ratskollegen, «dringend zu intervenieren». Gemäss Informationen von CH Media soll das dann auch geschehen sein. Offenbar wurde der damalige Armeechef Philippe Rebord an einer Anhörung in der Sicherheitspolitischen Kommission mit der Kritik konfrontiert. Ritters Einmischen soll aber auch zur Folge gehabt haben, dass der Fall des Sohnes noch einmal angeschaut wurde.

Sohn wollte keine Sonderbehandlung

Markus Ritter hält sein Vorgehen rückblickend für «richtig und angemessen». Sein Sohn habe sich sehr gewissenhaft auf die Armee vorbereitet. Grund für die Ausmusterung sei eine falsche ärztliche Diagnose gewesen. Von einer Fehldiagnose war in den E-Mails 2017 indes noch keine Rede.

«Wir haben beim Bundesrat interveniert, weil die Rekrutierungsstelle keinen Fehler anerkennen wollte und bei ihrem Entscheid zur Einteilung blieb», sagt Ritter. Damit tönt er zumindest an, dass es ihm auch um private Interessen ging. Dass sein Sohn keinen Rekurs eingelegt hatte, liege unter anderem daran, dass dieser keine Sonderbehandlung habe erhalten wollen.

Bald selbst Verteidigungsminister?

Ritter betont, dass er damals auch einen «prominenten Vorstoss» hätte einreichen «und öffentlich die Schwächen der Armee zur Schau stellen können». Doch er habe der Armee nicht schaden wollen. Auch sein jüngerer Sohn wurde einige Jahre später – aus Sicht Ritters zu Unrecht – für untauglich erklärt.

Wie sieht Ritter das Ganze heute, als Bundesratskandidat und damit möglicherweise bald oberster politischer Chef dieser Armee, die er einst so heftig kritisierte? «Der Chef der Armee hat mir persönlich versichert, dass die Prozesse angepasst wurden», sagt Ritter auf Nachfrage. «Ich würde aber sicher nochmals gerne ein Gespräch mit dem Oberfeldarzt führen.» (aargauerzeitung.ch)

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168 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
07.02.2025 18:03registriert Oktober 2019
Ritter im BR, da gibt es definitiv schönere Vorstellungen!
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Jaco
07.02.2025 18:11registriert Dezember 2021
Stilmässig wie Trump...
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Rim
07.02.2025 21:48registriert Februar 2018
Also: Ritters Mami stammt aus Italien. (Immigrantin) Auf seinem Hof beschäftigt er (jemand muss die Arbei ja tun) jeweils für 18 Monate Brasilianerinnen. Seine zwei Söhne wurden als "untauglich" für die Armee eingestuft. Beide haben das akzeptiert. Aber den Pappi hat es "gekratzt" Er hat "interviniert", ohne Erfolg. Seine Söhne blieben untauglich. Ritter überschätzt sich massiv. Er ist in jeder Beziehung untauglich. Auch deshalb eignete er sich perfekt als "Bauernpräsident". Auch wenn er das nicht versteht: Dabei sollte er es bewenden lassen. Mehr darüber dann später...:-)))
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