Vor rund einer Woche hat sich die Europäische Union auf ein sechstes Sanktionspaket geeinigt und dabei wurde deutlich: Es wird immer schwieriger, alle Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Linie gegen Russland und Belarus zu einen. Unverändert gilt, dass die Schweiz als Nachzüglerin die Sanktionen übernimmt. Dies hat der Bundesrat am Freitag beschlossen.
Im Wesentlichen beinhaltet es ein Embargo von russischem Rohöl, welches allerdings für die Schweiz einen untergeordneten Stellenwert hat, sowie Massnahmen im Finanzbereich.
Mehr zu reden gab im Vorfeld allerdings die Liste sanktionierter Personen. Neu finden sich darauf «Armeeangehörige, die für in Butscha begangene Verbrechen verantwortlich gemacht werden, (...) sowie Personen aus Oligarchenkreisen und deren Familienangehörige, darunter Aleksandra Melnitschenko».
Insbesondere dieser Name lässt aufhorchen: Aleksandra Melnitschenko, Ex-Model, ist die Frau von Andrey Melnitschenko, Milliardär und bis vor Kurzem Mehrheitsbesitzer von Eurochem. Die Firma mit Hauptsitz in Zug ist einer der grössten Düngerhersteller der Welt.
Weil Melnitschenko als enger Vertrauter von Wladimir Putin schon früh ins Visier europäischer Wirtschaftsmassnahmen rückte, überschrieb er kurzfristig die Firma seiner Frau. Breite politische Kreise kritisierten dieses Schlupfloch; nun also ziehen Brüssel und Bern die Schlinge zu.
Nicht genug, findet der emeritierte Basler Strafrechtsprofessor und Antikorruptionsexperte Mark Pieth: «Aus meiner Sicht sind die Sanktionen des Bundesrats wenig sinnvoll. Herr Melnitschenko wäre superblöd, wenn Eurochem noch immer seiner Frau gehören würde.»
Er vergleicht die jetzige Situation mit der Zeit des Arabischen Frühlings. Die Schweiz war 2011 das erste Land, das Vermögenswerte der gestürzten Machthaber Ägyptens und Tunesiens sowie ihres Umfelds, sogenannte PEP (politically exposed person) blockierte, um die unrechtmässig erworbenen Vermögenswerte im Rahmen der Rechtshilfe und der Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern zurückzugeben.
«Zum einen hätte man wie damals Angehörige mit der PEP-Regel des Geldwäschereigesetzes erfassen können», argumentiert Pieth. Das habe 2011 die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht festgestellt. Zum anderen sind Gehilfen von Sanktionsbrechern – in schweren Fällen – bereits heute wegen Geldwäscherei strafbar. Pieth geht mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft hart ins Gericht:
Pieth tritt regelmässig als Kritiker der Schweiz in Erscheinung. Vor rund einem Monat strafte die US-amerikanische Helsinki Commission die Schweiz als «Gehilfin Putins» ab – flankiert von Pieth als Experten.
Nur: Die Sache ist verzwickt. Während nun sowohl Herr als auch Frau Melnitschenko auf den Sanktionslisten der EU stehen, tut dies die Firma Eurochem nicht. Bereits mit der Sanktionierung von Andrey Melnitschenko haben sich dazu Fragen aufgetan. Das Seco hat dem Verkauf von Eurochem an Aleksandra Melnitschenko aber ausdrücklich stattgegeben, wie der «Tages-Anzeiger» recherchierte. Allerdings mit der Einschränkung, die Lage bei «Vorliegen neuer Informationen» nochmals zu analysieren. Dieser Fall ist nun eingetroffen.
«Es liegt an Eurochem, die notwendigen Massnahmen im Rahmen der Schweizer Rechtsordnung zu treffen, um ein Weiterbestehen des Unternehmens zu ermöglichen», schreibt das Seco auf Anfrage.
Eurochem habe dem Seco schriftlich mitgeteilt, «dass die schweizerischen Sanktionsmassnahmen vollumfänglich eingehalten werden und insbesondere sanktionierten Personen weder direkt noch indirekt Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden». Denn dies ist das Ziel der Massnahmen gegen die Oligarchen: Putins Regime sollen die Mittel entzogen werden.
Offensichtlich ist derweil, dass Eurochem geschont werden soll. Das hat einen handfesten Grund: Das Unternehmen versorgt die halbe Welt mit Düngemitteln. In einem ohnehin schon angespannten Markt, droht mit der Sanktionierung der Firma eine sich zuspitzende Versorgungskrise. Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund sucht man das Ehepaar Melnitschenko auf den Sanktionslisten der USA vergeblich.
(aargauerzeitung.ch)
Die Schweiz, das Schlaraffenland für Superreiche.
Tja, russischer Oligarch müsste man sein, dann kann man unseren Behörden auf der Nase herumtanzen, wie man will und die sorgen sogar noch dafür, dass die Musik bezahlt wird.
Ab soviel Naivität könnte es einem schlecht werden, könnte…