Schweiz
Bundesrat

Simonetta Sommaruga: «Ohne Dublin wird die Schweiz zur Asyl-Insel»

Bild
Bild: KEYSTONE
Justizministerin

Simonetta Sommaruga: «Ohne Dublin wird die Schweiz zur Asyl-Insel»

Die Flüchtlingsströme aus dem Süden setzen das Dublin-System unter Druck. Justizministerin Simonetta Sommaruga plädiert dafür, Dublin zu «überdenken».
07.08.2014, 15:4707.08.2014, 17:22
Mehr «Schweiz»

Das Dublin-Abkommen soll gewährleisten, dass ein Asylgesuch nur in einem europäischen Staat gestellt werden kann. In normalen Zeiten sei das ein gutes System, sagte Simonetta Sommaruga am Donnerstag anlässlich eines Medien-Spaziergangs an der Aare in Bern. Wenn aber jeden Tag 1000 oder 2000 Flüchtlinge in Italien einträfen, komme das System unter Druck.

Darum könne man das Dublin-System kritisieren, «aber ich habe noch nie einen vernünftigen Vorschlag gehört, was denn die Alternative wäre», sagte die Justizministerin. Denn ohne die Assoziierung an das Abkommen werde die Schweiz zur «Asyl-Insel». Jeder Asylbewerber, der in Europa abgewiesen wurde, könnte in der Schweiz erneut ein Gesuch stellen.

Italien kämpft mit dem Flüchtlingsstrom

Der grösste Einwanderungsdruck lastet heute auf fünf europäischen Ländern. Sie sind mit drei Vierteln aller Asylgesuche konfrontiert, hinzu kommen die nicht registrierten Flüchtlinge. Vor allem Italien wird dem Flüchtlingsstrom kaum mehr Herr.

Bundesrätin Sommaruga mit Medienleuten.
Bundesrätin Sommaruga mit Medienleuten.Bild: KEYSTONE

«Es würde sich lohnen, das Dublin-System zu überdenken, weiter zu entwickeln, zu stärken», sagte Sommaruga. Konkrete Pläne, eine politische Agenda, gibt es im Moment aber nicht. Ein neuer Verteilschlüssel, etwa nach Bevölkerungszahl oder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, wäre eine Möglichkeit, das Problem zu entschärfen. «Aber das ist im Moment nicht mehrheitsfähig», ist die Bundesrätin überzeugt.

«An Naivität kaum zu übertreffen»

In der EU brauche es Einstimmigkeit, und kein europäisches Land wolle mehr Flüchtlinge. Darauf habe die Schweiz als assoziiertes Mitglied auch wenig Einfluss. Die Vorstellung, die Schweiz könne nach Brüssel gehen und den europäischen Staaten sagen, wie man das organisieren müsse, sei «an Naivität kaum zu übertreffen», sagte Sommaruga an die Adresse der SVP.

Diese will mit einer neuen Initiative erreichen, dass das Dublin-Abkommen in ihrem Sinn umgesetzt wird: Nur noch Flüchtlinge, die auf dem Luftweg direkt in die Schweiz einreisen, sollen ein Asylgesuch stellen können. Für Sommaruga ist das nichts als Schaumschlägerei. «Die Menschen würden trotzdem kommen.» (egg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
SP-Funiciello sagt, was sie nach den abgelehnten AHV-Beschwerden nun fordert
Wegen falsch kommunizierter Zahlen wollten Grüne und SP-Frauen, dass das Bundesgericht die AHV-Abstimmung von 2022 aufhebt. Die Beschwerden wurden jedoch abgelehnt, sehr zur Enttäuschung von SP-Nationalrätin Tamara Funiciello.

Das Bundesgericht hat die Beschwerden abgelehnt. Ihr Fazit?
Ich bin mit diesem Urteil natürlich nicht zufrieden. Wir kamen mit der Erwartung hierher, dass wir gewinnen. Nun haben wir leider verloren.

Zur Story