Schweiz
Bundesrat

Bundesrat kritisiert jetziges Einbürgerungssystem

Bundesrat räumt Mängel im heutigen Einbürgerungssystem ein

05.11.2025, 13:1705.11.2025, 13:17

Der Bundesrat sieht mit Blick auf die Chancengleichheit Mängel bei den Einbürgerungsverfahren. Dies, weil erhebliche Unterschiede zwischen den Kantonen bestehen. An seinem Nein zur Demokratie-Initiative hält er dennoch fest.

Die Landesregierung befasste sich am Mittwoch mit zwei Postulatsberichten zum Thema Einbürgerungen, wie sie mitteilte. Gestützt auf diese und ein Gutachten schlägt sie vor, dass die Kantone gemeinsam Möglichkeiten zur Vereinfachung und Harmonisierung des Einbürgerungsverfehrens prüfen – insbesondere für Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation.

ZUR EIDGENOESSISCHEN ABSTIMMUNG VOM 12. FEBRUAR 2017 ÜBER DIE ERLEICHTERTE EINBUERGERUNG VON PERSONEN DER DRITTEN AUSLAENDERGENERATION STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG – Swiss p ...
Ausgeschlossen von den Änderungen wären Personen, die die Sicherheit des Landes gefährden. (Symbolbild)Bild: KEYSTONE

«Damit wäre es nicht mehr so entscheidend, in welcher Gemeinde und in welchem Kanton eine Bewerberin oder ein Bewerber der zweiten Generation das Gesuch einreicht», hiess es im Communiqué.

Der Bundesrat ist ausserdem der Ansicht, dass eine Pflicht zur Protokollierung von Einbürgerungsgespräche die Rechtssicherheit erhöhen würde. Er will diese Erkenntnis nach eigener Aussage in die laufende Evaluation des Bürgerrechtsgesetzes einfliessen lassen.

Eingriff in Kompetenzen der Kantone

Mit den Ankündigungen anerkennt der Bundesrat die von den Urheberinnen und Urhebern der Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» vorgebrachte Kritik am heutigen System ein Stück weit. An seinem im Februar gefällten Entscheid, das Volksbegehren ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen, änderte er am Mittwoch aber nichts.

Er verabschiedete die Botschaft ans Parlament mit der zuvor beschlossenen Stossrichtung. Sein Hauptargument ist, dass mit der Initiative zu stark in die Zuständigkeiten von Kantonen und Gemeinden eingegriffen würde.

Die Demokratie-Initiative fordert, dass künftig der Bund für die Gesetzgebung im Bereich der Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern zuständig ist.

Zwar würden die Verfahren weiterhin von Kantonen und Gemeinden durchgeführt. Neu gäbe es aber einheitliche Kriterien im Bundesrecht. Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller hätten nach fünf Jahren rechtmässigen Aufenthalts in der Schweiz Anspruch auf eine Einbürgerung, unabhängig von der Niederlassungsbewilligung.

Ausgeschlossen von jenem Rechtsanspruch wären Personen, welche die Sicherheit des Landes gefährden, zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt wurden oder in keiner der Landessprachen über Grundkenntnisse verfügen.

Kritik an Demokratiedefizit

Heute dürfen sich ausschliesslich Personen einbürgern lassen, die über eine Niederlassungsbewilligung C verfügen und seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz wohnen.

Die Demokratie-Initiative wurde von der zivilgesellschaftlichen Allianz «Aktion Vierviertel» lanciert. Es wird von einer breiten Bewegung aus der Zivilgesellschaft sowie von der SP, den Grünen, der Operation Libero, der Stiftung für direkte Demokratie, Campax, der Unia, dem Hilfswerk Heks und weiteren Organisationen getragen.

Die Initiantinnen und Initianten begründen ihr Anliegen namentlich mit den heute bestehenden Ungleichheiten bei der Einbürgerung. Es brauche einen Föderalismus ohne Willkür. Sie kritisieren zudem, dass heute ein Viertel der Menschen in der Schweiz sich nicht politisch beteiligen könnten.

Nationalrat Balthasar Glaettli, GP-ZH, spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli.Bild: keystone

«Der Bundesrat beharrt auf einer Drei-Viertel-Demokratie», liess sich denn auch der Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli in einer Stellungnahme zum Bundesratsentscheid vom Mittwoch zitieren.

«Einbürgerung darf keine Lotterie sein – der Wohnort darf nicht über die Chancen entscheiden», zitierte die SP Glättlis sozialdemokatische Zürcher Nationalratskollegin Céline Widmer.

«Mottenkiste der Geschichte»

Auch die Gewerkschaft Unia zeigte sich enttäuscht vom Nein des Bundesrats. Sie verwies namentlich auf die hohen Kosten von Einbürgerungsverfahren. Dadurch würden Menschen benachteiligt, die wenig verdienten.

Arber Bullakaj, Praesident von Aktion Vierviertel, spricht an einer Medienkonferenz von das komitee fuer die Demokratie-Initiative: Fuer ein Grundrecht auf Einbuergerung, am Dienstag, 23. Mai 2023 in  ...
Vierviertel Co-Präsident, Arber Bullakaj.Bild: keystone

Durch einheitliche Kriterien wäre das Einbürgerungsverfahren künftig transparent und nachvollziehbar, und es würde Bürokratie abgebaut, ohne dass die Einbürgerung zentralisiert würde, warb die Aktion Vierviertel derweil für ihr Anliegen. «Die Schweizermacher gehören in die Mottenkiste der Schweizer Geschichte», zitierte die Organisation ihren Co-Präsidenten Arber Bullakaj. Zugleich betonte die Aktion Vierviertel, ihr Vorschlag werde dem Föderalismus als Grundpfeiler des Schweizer Systems gerecht, wolle aber, dass dabei die Rechtsstaatlichkeit respektiert werde. (sda)

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