Ueli Maurer ist seit letztem Dezember nicht mehr Bundesrat. Dennoch hat er im April den chinesischen Botschafter Wang Shihting in Bern getroffen, wie der Blick schreibt. Laut einer Stellungnahme der chinesischen Botschaft auf ihrer Webseite haben sich der Ex-SVP-Bundesrat und Wang über die «innovative Partnerschaft» zwischen der Schweiz und China unterhalten und dabei auch über Wirtschafts- und Finanzthemen gesprochen.
Der Stellungnahme zufolge haben Maurer und Wang zudem über die bilateralen Beziehungen der Länder, die auf einem hohen Niveau seien, und eine Vertiefung der Zusammenarbeit diskutiert. Über die Position Maurers im Gespräch schreibt die Botschaft:
Laut Bundesratssprecher André Simonazzi traf sich Maurer mit dem offiziellen chinesischen Staatsvertreter in der Schweiz ohne Wissen des amtierenden Bundesrats. «Das erwähnte Treffen war kein Thema im Bundesrat und nicht auf ein Mandat des Bundesrats zurückzuführen», sagt Simonazzi gegenüber dem Blick.
Für ehemalige Bundesräte gilt in der Schweiz eine Art Verhaltenskodex – so können sie nicht machen und treffen, was und wen sie wollen. Es bedarf immer einer Abwägung und es darf kein Interessenskonflikt entstehen, auch das Amtsgeheimnis muss weiterhin gewahrt werden. Ob Ueli Maurer mit seinem Besuch auf der chinesischen Botschaft gegen diese Regeln verstossen hat, ist nicht klar. Auf eine Anfrage des Blicks reagierte Maurer nicht.
Für SP-Nationalrat Fabian Molina ist die Beantwortung der Frage derweil einfach. Maurers Verhalten gehe «gar nicht und muss aufgearbeitet werden». Molina positionierte sich in der Vergangenheit schon mehrfach klar pro Taiwan, das sich mit China in einem dauerhaften Konflikt aufgrund seiner Autonomie, welche vom grossen Nachbar negiert wird, befindet.
Auch Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy kann Maurers Besuch wenig abgewinnen. Es sei unsensibel, sagt er gegenüber dem Blick. Alt Bundesräte seien angehalten, sich nach ihrem Rücktritt zurückzuhalten – Maurer halte sich offensichtlich nicht daran.
Bregy sieht auch die visuelle Inszenierung des Treffens als offiziellen Staatsbesuch kritisch. Sofern Maurer in seiner Funktion als Mitglied der Olympischen Ethikkommission (IOC) auf der chinesischen Botschaft erschienen sei, hätte keine Schweizer Fahne hinter ihm hängen dürfen. Und auch über Wirtschafts- und Finanzthemen hätte er dann nicht sprechen dürfen, so Bregy.
SP-Nationalrat Molina hatte im Nationalrat jüngst Erfolg mit einem Vorstoss, der eine Annäherung an Taiwan zum Ziel hat. Der Rat hat diesen angenommen – sehr zum Ärger Chinas, das die Mitteilung über Ueli Maurers Besuch auf der Botschaft noch am selben Tag publizierte. Ob es sich dabei um einen Zufall handelt, ist fraglich – der Besuch des Ex-Bundesrats fand bereits Mitte April statt. (con)
Siehe auch die Ablehnung des Kontakts mit Taiwan