Bisher gingen Experten davon aus, dass Coronainfizierte bereits zwei Tage vor Ausbruch der Krankheit ansteckend sein könnten. Eine eben publizierte Analyse von ETH-Forschern korrigiert dies nun. «Unsere Analysen zeigen, dass Infizierte das Virus bis zu 5 oder 6 Tage vor Ausbruch der Krankheit weitergeben können», sagt Peter Ashcroft der «NZZ am Sonntag». Die ursprüngliche Studie wurde mit den Erkenntnissen der Wissenschaftler angepasst. «Will man 90 Prozent der präsymptomatischen Ansteckungen abfangen, müsste man die Kontakte bis zu vier Tage zurückverfolgen», sagt Ashcroft.
Diese Erkenntnis könnte das Contact-Tracing nachhaltig verändern. Bislang wurden die Kontakte in den zwei Tagen vor Erkrankung erfasst. «Wenn man nun aber bereits vier Tage vorher ansteckend ist, müsste man den Zeitrahmen für das klassische und für das digitale Contact-Tracing entsprechend anpassen», sagt Epidemiologe Marcel Salathé der «NZZ am Sonntag». Er ist Leiter der Gruppe «Digitale Epidemiologie und Contact-Tracing» der wissenschaftlichen Task-Force.
Auch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat man Kenntnis. «Die ETH-Studie wird ein Thema in der anstehenden Diskussion mit der wissenschaftlichen Task-Force sein», sagt ein BAG-Sprecher gegenüber der Zeitung. Man sei dabei, mögliche Auswirkungen auf das Contact-Tracing zu evaluieren. Ob man es ausweite, sei derzeit noch offen.
Auch im «SonntagsBlick» wird die Funktionsweise des Contact-Tracings kritisiert. So arbeiteten viele Kantone mit handgestrickten IT-Systemen, die bei grossen Datenmengen an Grenzen stossen, hiess es etwa. Und der Austausch über die Kantonsgrenzen hinweg sei fehleranfällig. Falls etwa ein Infizierter in einem Kanton wohne, aber anderswo arbeite, führe dies teils dazu, dass sich gar kein Kanton um die Nachverfolgung der Kontakte kümmere.
Ein weiteres Problem sei die Logistik der Daten: Kantone würden von Labors und Hausärzten Dokumente in verschiedenen Formaten erhalten: Als von Hand ausgefülltes Formular, als Fax, als PDF; dabei seien die Daten teils nicht lesbar, teils würden Angaben fehlen. Das führt vor allem bei grossen Datenmengen für Probleme, heisst es im «Blick»:
Ein Insider berichtet der Zeitung: «So wie es heute läuft, schützt das Contact Tracing vor gar nichts. Im Gegenteil: Es vermittelt der Politik und der Bevölkerung eine falsche Sicherheit, die es so nicht gibt.»
(mg/jaw/aargauerzeitung.ch)
Da kann ich die Covid-App auch gleich wieder löschen auf meinem Smartphone.