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Coronavirus

Tschechiens Schock-Therapie verfehlt Wirkung – das sagt das BAG dazu

«Er glaubte der Fehlinformation», steht auf einem der Inserate mit verstorbenen Covid-Patienten, mit denen die tschechische Regierung die Menschen zum Impfen motivieren will.
«Er glaubte der Fehlinformation», steht auf einem der Inserate mit verstorbenen Covid-Patienten, mit denen die tschechische Regierung die Menschen zum Impfen motivieren will.bild: tschechisches gesundheitsministerium

Tschechische Horror-Foto-Kampagne zu Corona – das hält das BAG von der Strategie

Die Prager Horror-Inserate haben heftige Debatten ausgelöst. Ihre Wirkung haben sie bislang aber verfehlt. Ändert sich das jetzt?
17.11.2021, 05:3817.11.2021, 06:10
Samuel Schumacher / ch media
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Die tschechische Schocktherapie hat ihre Wirkung verfehlt. Vor einer Woche startete die Regierung in Prag mit einer landesweiten Kampagne und liess in den Medien Fotos von verstorbenen Covid-Patienten mit griffigen Überschriften wie «Er glaubte den Fehlinformationen» publizieren. Ziel war es, die tiefe Impfrate von gerade mal 57 Prozent zu erhöhen und die Spitäler vor einem Kollaps zu bewahren.

Das BAG setzt derweil auf auf Fakten und positive Botschaften.
Das BAG setzt derweil auf auf Fakten und positive Botschaften.bild: tschechisches gesundheitsministerium

Gebracht hat die gut gemeinte Horrorshow bislang ähnlich wenig wie die vergleichsweise äusserst brave Impfwoche in der Schweiz. In den letzten sieben Tagen ist die tschechische Impfquote um 0.5 Prozent gestiegen. Deutlich rascher schiessen währenddessen die täglichen Neuansteckungen (derzeit mehr als 11500, 2500 mehr als vor einer Woche) in die Höhe.

Die Armee hilft in acht Spitälern aus, die am Rande des Kollapses stehen. Und mobile Impfteams werden vor allem im Osten des Landes immer wieder hart beschimpft oder gar mit Steinen beworfen, wie Betroffene dem englischsprachigen Radio Prague International erzählten.

Bern will weiterhin auf «Furchtappelle» verzichten

Ausgelöst hat die Kampagne vor allem eines: heftige Debatten über die Grenzen des Sag- und Zeigbaren. Vojtech Petracek, der Rektor der technischen Universität Prag, beklagt in einem offenen Brief die «geschmacklose» Kampagne, die man stoppen müsse, um «psychologische Schäden» zu verhindern.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bern sieht im tschechischen Vorgehen ebenfalls kein Vorbild. «Furchtappelle erregen hohe Aufmerksamkeit, gleichzeitig laufen sie Gefahr, bei einem Teil der Bevölkerung auf Ablehnung zu stossen», teilt das BAG auf Anfrage mit. Man setze deshalb weiterhin auf Fakten und positive Botschaften.

Adam Vojtech, der tschechische Gesundheitsminister, glaubt nicht, dass dieser Ansatz reicht. Im tschechischen Radio sagte er:

Member of Czech Parliament Adam Vojtech poses in Parliament building in Prague, Czech Republic, Friday, Feb. 5, 2021. Czech Health Minister Petr Arenberger will resign and he will be replaced with for ...
Adam Vojtech, Tschechischer Gesundheitsminister.Bild: keystone
«Wir müssen allen, die in ihrer Komfort-Zone hocken, die schlimme Realität in den Spitälern zeigen.»

Zu Hilfe eilte ihm Jan Krajhanzl von der Masaryk-Universität. «Wenn einer aufs Deck der Titanic rennt und ruft: «Das Schiff sinkt!», werden wir den dann beschimpfen, weil er die gute Stimmung kaputt macht?», fragte der Psychologe. (bal/aargauerzeitung.ch)

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BAG verteilt Torte zur Feier des Impffortschritts
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BAG verteilt Torte zur Feier des Impffortschritts
Sicht auf ein Plakat des BAG, am Montag, 19. Juli 2021, auf dem Bundesplatz in Bern. Das BAG informiert, dass die Impfkampagne voranschreite, zudem können sich Personen spontan gegen Covid-19 impfen lassen.
quelle: keystone / peter schneider
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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Beta Stadler
17.11.2021 06:39registriert Mai 2020
Hm, die Bevölkerung, welche Impfzentren mit Steinen bewirft, muss man vor psychischen Schäden durch die Kampagne schützen. Für die ohnmächtigen Pflegenden, für welche die Bilder tägliche Realität sind und sich permanent im Stich gelassen fühlen, muss man nichts tun - krude Logik.
Wir sind da einen Schritt weiter - die Gesundheitskommission um Ruth Humbel ist der Ansicht, dass die Pflegenden immerhin einen Job hätten! Das nenn ich in einem 3. Welt-Land wie die Schweiz die Bevölkerung wach rütteln...
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Etzsegiglichöpis
17.11.2021 06:34registriert September 2020
Wenn ich mit Covid-verharmlosern Rede und ihnen sagen dass meine Kollegin auf Intensivstation wirklich die Impfung oder allenfalls wenigstens einhalten Schutzmassnahmen empfiehlt, dann sind sie einen Moment ruhig. Wirklich erreicht habe ich sie aber dennoch nicht, bis jetzt. Das Schwierige bei Covidpatienten ist vor allem, dass sie lange im Intensivbett liegen und nicht nur ein paar Tage, wie zb Frisch Operierte...
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Enibasnehl
17.11.2021 06:52registriert Dezember 2020
Ich bezweifle stark, dass Schockbilder bei Hardcore-Schwurbler nützen. Diese werden die Glaubwürdigkeit und die Relevanz genau so wenig ernst nehmen, wie alle anderen Informationen.
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