Es taucht immer wieder als angebliches Wundermittel zur Prävention und Behandlung von Covid-19 auf: Ivermectin, ein Entwurmungspräparat, das seit mehr als dreissig Jahren in der Human- und der Tiermedizin zum Einsatz kommt.
Besonders in impfskeptischen Kreisen wird viel über die angeblich überragende Wirkung von Ivermectin gesprochen. In den USA ist ein regelrechter Hype entstanden – mit teilweise absurden Folgen.
Vereinzelt verlangten Tierarztpraxen einen Nachweis, dass Personen, die Ivermectin beziehen wollten, tatsächlich ein Pferd besitzen. Hintergrund dieser Auswüchse war ein merklicher Anstieg der Versuche von impfskeptischen Personen, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an das Entwurmungsmittel zu gelangen.
Das Problem nahm eine Dimension an, welche die nationale Arzneimittelbehörde FDA zum Handeln zwang: «Ihr seid keine Pferde. Ihr seid keine Kühe. Ernsthaft. Hört auf damit», schrieb die FDA auf Twitter.
You are not a horse. You are not a cow. Seriously, y'all. Stop it. https://t.co/TWb75xYEY4
— U.S. FDA (@US_FDA) August 21, 2021
In jüngster Zeit wird auch in impfskeptischen Kreisen in Europa verstärkt über die angebliche segensreiche Wirkung des Entwurmungsmittels diskutiert. In Österreich hat sich Herbert Kickl, Parteichef der rechtspopulistischen Oppositionspartei FPÖ, letzte Woche für einen verstärkten Einsatz von Ivermectin bei der Behandlung von Covid-19 ausgesprochen.
Der Hype um das vermeintliche Wundermittel hat auch die Schweiz erreicht. In den vergangenen Wochen ist davon die Rede in den internen Kommunikationskanälen von Impfskeptikern und Gegnern des Covid-19-Gesetzes, über das am 28. November abgestimmt wird. Eine weitverbreitete These: Politik und Behörden würden eine Zulassung von Ivermectin verhindern, um die fortschreitende Impfkampagne nicht zu gefährden.
Für das Mittel werben auch prominente Köpfe der Zertifikatsgegner. Einer davon ist der emeritierte Bankenprofessor Martin C. Janssen. Er engagiert sich gemeinsam mit Rahel Blocher, Tochter des früheren SVP-Bundesrats, mit dem Verein «Gesund und frei» im Abstimmungskampf.
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Auf Twitter wirft Janssen «den Politikern» vor, es gehe ihnen nicht um den Schutz der Intensivstationen. Stattdessen würden sie «alles unternehmen, damit die Menschen nicht zu Hause gesunden können». Deshalb könnten Mittel wie Ivermectin in der Schweiz nicht gekauft werden.
Tatsächlich ist Ivermectin in der Schweiz nicht zur Behandlung von oder zur Prävention gegen Covid-19 zugelassen. Das scheint einige nicht davon abzuhalten, sich Zugang dazu verschaffen zu wollen. Wie die Heilmittelbehörde Swissmedic auf Anfrage mitteilt, hat die Eidgenössische Zollverwaltung in den letzten Wochen bei Kontrollen mehr illegale Arzneimittelsendungen entdeckt und an Swissmedic weitergeleitet: «Darunter sind auch illegale Arzneimittelimporte mit Medikamenten gegen Würmer und andere Parasiten mit dem Wirkstoff Ivermectin.»
Zur Anwendung in der Humanmedizin kommt der Wirkstoff Ivermectin bei parasitären Krankheiten wie der Krätzmilbe und relativ neu auch bei Rosazea. Der Zuger Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte, stellt klar: «Für den Nachweis einer Wirksamkeit bei der Behandlung von Covid-19 fehlen seriöse Grundlagen.» Vor einer Anwendung auf eigene Faust sei dringendst abzuraten: «Das kann gesundheitlich äusserst gefährlich sein.»
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