Klatschen ist gut, impfen ist besser: Mit diesem Appell forderte gestern Urs Karrer, Vizepräsident der National Covid-19 Science Task Force, einmal mehr die Bevölkerung zur Impfung auf. Seine Begründung war kurz und knapp: Das Gesundheitspersonal werde es uns allen danken.
Er hat Recht, wie die Daten zu den sogenannten Impfdurchbrüchen zeigen, die seit geraumer Zeit täglich vom Bundesamt für Gesundheit veröffentlicht werden. Diese zeigen deutlich auf: Wer sich impfen lässt, kann sich infizieren. Das Coronavirus löst aber deutlich mildere Symptome aus. Die Geimpften machen in den Spitälern nur einen Bruchteil der Covid-Patientinnen und -Patienten aus.
Schauen wir uns die Daten genauer an.
Seit Mitte August gilt die Hälfte der Schweizer Bevölkerung als geimpft. In den folgenden drei Grafiken ist dieser «Meilenstein» mit einer gestrichelten Linie markiert. Wir zeigen im folgenden die Situation bei den Infektionen, Hospitalisierungen und Todesfällen seit dem 1. Juli 2021 auf – ab diesem Zeitpunkt lässt sich erneut ein deutlicher Anstieg der Virusaktivität in der Bevölkerung feststellen.
Die drei Grafiken oben geben einen guten Überblick darüber, wie gut die Impfung wirkt: Sie zeigen die Entwicklung der letzten Tagen und Wochen, in denen fast oder bereits die Mehrheit aller Personen in der Schweiz geimpft wurden.
Die Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen. Das BAG schreibt, dass der Meldeprozess noch nicht komplett eingeführt wurde. Sprich: Es muss davon ausgegangen werden, dass es eine Dunkelziffer gibt. Sie dürfte bei Infektionen deutlich grösser sein als bei Spitaleintritten: Einerseits werden nicht alle Infektionen entdeckt und nach Impfstatus erfasst. Andererseits dürfte bei einem seriös durchgeführten Spitaleintritt dem Medizinalpersonal bekannt sein, ob ein erkrankter Mensch sich impfen liess oder nicht.
Angesicht der Tatsache, dass die Impfaktion Anfang Jahr langsam an Fahrt gewann, ist deshalb eine Gesamtschau wenig aussagekräftig. Wir berücksichtigen deshalb in der folgenden Grafik nur die Fälle seit dem 1. Juli.
Der Blick auf die Altersgruppen-Verteilung zeigt das, was wir von der Pandemie bereits kennen: Das Coronavirus macht besonders älteren Personen zu schaffen.
Die Daten zu den Infektionen müssen – wie bereits erwähnt – mit Vorsicht genossen werden. Bei den Spitaleintritten sehen wir aber das Altbekannte: Je älter man ist, desto eher versagt das eigene Immunsystem im Kampf gegen das Virus. Das gilt bei dieser Altersgruppe auch dann, wenn die Impfung nicht den gewünschten Erfolg bringt.
Man spricht von einem Impfdurchbruch, wenn bei einer Person eine Corona-Infektion zwei Wochen nach der vollständigen Impfung entdeckt wird.
Das ist nichts Ungewöhnliches. Der Sinn und Zweck der meisten Impfungen ist es, das menschliche Immunsystem auf eine Infektion vorzubereiten und zu stärken. Das kann dazu führen, dass der Körper eine Infektion erfolgreich abwehrt oder das Virus zumindest so stark bekämpft, dass die Symptome mild bleiben. Das funktioniert in den meisten Fällen ganz gut, wie die Daten der Impfstoff-Studien und aus der Bevölkerung zeigen. Nur bringt kaum ein Impfstoff einen 100-prozentigen Erfolg.
Eine banale Erkenntnis ist zudem, dass es in den kommenden Tagen und Wochen zu weiteren Impfdurchbrüchen kommen wird. Derzeit gelten über 50 Prozent der Bevölkerung als vollständig geimpft: Mit jeder Person mehr, die sich impfen lässt, steigt auch die Anzahl Personen, die vom Coronavirus übel erwischt werden.
Damit ist klar: Die Impfung wirkt gemäss aktuellen Daten. Nicht unerwähnt bleiben darf aber die Schattenseite von Impfstoffen. Während der Entwicklung der Vakzine war bereits klar, dass es auch hier unerwünschte Nebenwirkungen gibt. Diese werden in der Schweiz von Swissmedic erfasst, weil ein Impfstoff auch bei der breiten Anwendung in der Bevölkerung ständig von den Gesundheitsbehörden beobachtet wird.
Wer nach einer Impfung unerwünschte Nebenwirkungen erlebt, kann diese selbstständig bei Swissmedic melden. Das allgemein bekannte kurzzeitige «Leiden» wie Schlappheit oder Müdigkeit wäre bereits ein Grund, die Symptome zu melden. Rund 1600 Meldungen gingen so von Patientinnen oder Bürgern ein – die Dunkelziffer dürfte hier besonders hoch sein.
In rund 1850 der erfassten Fälle wurden Swissmedic jedoch «schwerwiegende Nebenwirkungen» gemeldet. Das Institut spricht davon, wenn sie tödlich oder lebensbedrohend sind, aber auch, wenn eine Hospitalisation notwendig ist oder sie gar zu schwerwiegender Behinderung, Fehlbildungen oder Geburtsfehlern führen.
Dazu gehören auch harmlos erscheinende Nebenwirkungen, die ganz einfach eine medizinische Behandlung erfordern, um «einen schwerwiegenden Ausgang zu verhindern». Die als «schwerwiegend» erfassten Nebenwirkungen werden in der Regel von medizinischen Fachpersonen gemeldet.*
Swissmedic führt auf ihrer Webseite eine Statistik über die Häufigkeit aller Nebenwirkungen – aufgeteilt nach Impfstoff.
* Der Absatz wurde nach der Publikation präzisiert.