Seit sich immer weniger Menschen auf das Coronavirus testen lassen, sind die offiziellen Fallzahlen weniger genau. Bereits Anfang Jahr hat der Bund deshalb begonnen, systematisch das Abwasser in rund 100 Kläranlagen nach Spuren des Coronavirus zu untersuchen. Denn auch wer sich nicht testen lässt, scheidet das Virus beim Toilettengang aus. Mit einem Verfahren, das einem PCR-Test ähnelt, können Forscher die sogenannte Virenlast im ungeklärten Wasser bestimmen. Seit dieser Woche macht das Bundesamt für Gesundheit die Daten der Öffentlichkeit zugänglich.
Die neuen Daten zeigen: Die Schweiz befindet sich in einer Sommerwelle, die aber derzeit weit vom Niveau der beiden Omikron-Wellen von Anfang Jahr entfernt ist. Die Fallzahlen, die auf herkömmlichen Tests beruhen, zeigten bisher ein ähnliches Bild.
Das BAG weist zusätzlich aus, wie hoch die Virenlast im Abwasser ist im Vergleich zum März, als die Omikron-Welle ihren zweiten Höhepunkt erreichte. Beim ersten Höhepunkt, im Januar, war das Monitoring noch nicht angelaufen. Im März wurden in der Schweiz pro Tag im Schnitt rund 28'000 Neuinfektionen gemeldet, wobei die Zahl aufgrund der Dunkelziffer deutlich höher gelegen haben dürfte.
Im Vergleich zum damaligen Höchststand im Abwasser finden die Forscher heute in den allermeisten Kläranlagen deutlich weniger Viren: Von den 99 Anlagen im Monitoring liegen die Werte bei 62 Anlagen bei weniger als 20 Prozent von den März-Werten. Bei weiteren 19 Anlagen liegen die Werte zwischen 20 und 40 Prozent von damals.
Nicht so eindeutig ist, ob der Höhepunkt der Sommerwelle bereits erreicht ist. Es gibt aber Hinweise darauf, dass er zumindest nicht weit weg liegt. Die grosse Kläranlage in Zürich (Werdhölzli), welche das Abwasser von fast einer halben Million Menschen verarbeitet, verzeichnete Anfang Woche einen Knick in ihren Zahlen. Mittlerweile ist die Zahl dort zwar wieder leicht gestiegen. Doch in zwei Dritteln aller Kläranlagen gehen die Zahlen im Wochenvergleich zurück, stagnieren oder haben um weniger als 10 Prozentpunkte zugenommen.
Allerdings gibt es auch Gegenden, in denen die Abwasserzahlen jüngst stark gestiegen sind. Solche Hotspots sind insbesondere in Genf und im Berner Oberland (Grindelwald) zu finden, wo die Werte sogar über dem März-Höhepunkt liegen. Auch im Tessin gibt es deutliche Zunahmen.
Clint Bois d‘Est
SJ_California
DarcyTucker