Seit Tagen erreichen uns aus Deutschland Berichte über das 9-Euro-Ticket. Für diejenigen, die noch nichts davon gehört haben und sich bis heute fragen, was die Insel Sylt damit zu tun hat: Es handelt sich um eine Art Monats-Generalabonnement für das gesamte deutsche Regionalbahn-Netz.
Nun soll dies auch in der Schweiz kommen: Der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer will dem Bundesrat Beine machen, am Dienstagnachmittag muss sich die Verkehrsministerin dazu äussern.
Die Überlegung hinter dem deutschen 9-Euro-Ticket war einfach: Die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz ordnete die Einführung als Reaktion auf die gestiegenen Energiekosten an. Das Ticket soll ein Anreiz für Autofahrende sein, wegen hoher Diesel- und Benzinpreise auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.
Dass es ein Erfolg wird, war schon angesichts der Verkaufszahlen vor dem Start absehbar. Das Interesse war dennoch gross, weil der Monat Juni ausgerechnet aufs Pfingstwochenende fiel: Wie stark wird der Ansturm der Bevölkerung auf die Züge sein? Wie wird das marode deutsche Bahnnetz damit umgehen? Und kommt es zum Sturm auf die Bonzen-Insel Sylt?
Die Erfahrungen des Pfingstwochenendes lassen sich kurz zusammenfassen: Das 9-Euro-Ticket wurde ein grosser Erfolg, mancherorts wurden einzelne Linien überlastet, was in grösseren Verspätungen endete. Die Punks enttäuschten uns nicht: Sie kamen nach Sylt, feierten und bescherten dem Internet ein paar lustige Videos.
Die Logik hinter dem Erfolg scheint einfach zu sein: «Wenn die Tickets bezahlbar sind, fahren so viel mehr Leute mit dem Zug. Wir benötigen dauerhaft günstige Tickets und einen massiven Ausbau von Bus und Bahn!», so die Analyse von Timon Dzienus, dem Sprecher der grünen Jungpartei.
Kommt das 9-Euro-Ticket nun auch in die Schweiz? Und braucht es das überhaupt? Die Diskussionen dazu sind bereits im Gange. Vergangenen Monat äusserte sich Alliance Swiss Pass in einem Blick-Artikel offen: «Die Einführung eines stark rabattierten Fahrausweises wie des 9-Euro-Tickets oder auch des Klimatickets von Österreich wäre natürlich auch in der Schweiz denkbar.» Es bräuchte aber einen «Sponsor» – konkret: die öffentliche Hand – die ein solches Angebot subventionieren und die zusätzlichen Einnahmeausfälle kompensieren würde, so die Stellungnahme.
SP-Nationalrat Matthias Aebischer verlangt nun, dass sich der Bundesrat zu dieser Thematik äussert. Er verlangt vom Verkehrsdepartement Antworten zur Frage, was der Bundesrat unternimmt, damit eine «solche oder ähnliche zeitlich beschränkte Aktion» auch hierzulande eingeführt werden kann. Auch ihm geht es um die «hohen Energie- und Kraftstoffpreise» und darum, dass «Jugendliche, Familien, Sozialhilfebeziehende oder Rentnerinnen und Rentner» entlastet und zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr motiviert werden können.
Klar dürfte sein, dass eine Eins-zu-eins-Übernahme der Idee in der Schweiz nicht realistisch wäre: Anders als hierzulande gilt in Deutschland eine klare Trennung zwischen Regional- und Fernverkehr, was sich etwa beim Ticketpreis äussert. Das Schweizer Bahnnetz wird zudem im internationalen Vergleich heute bereits besonders häufig genutzt.
Beim öV-Verband stösst daher die Forderung nach einem helvetischen 9-Euro-Ticket auf wenig Gegenliebe, wie SRF jüngst erfahren hat. «Wir haben ein gutes Angebot und wir wollen eine nachhaltige Lösung – das 9-Euro-Ticket ist es sicher nicht», wird Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr (VÖV), zitiert. Hinzu käme der politische Streit um die Frage, wer das Angebot bezahlen müsste: In Deutschland geht man davon aus, dass das Sparangebot die Gesellschaft rund 2,5 Milliarden Euro kosten könnte.
Darum geht es bei Aebischers Vorstoss aber noch gar nicht: Seine Anfrage wurde für die sogenannte «Fragestunde» gestellt, bei der ein Bundesrat lediglich Antworten liefern muss. Auch in anderen Ländern führte das erste 9-Euro-Ticket-Wochenende nicht zu euphorischen Übernahmeforderungen. Die Medienberichte in EU-Ländern konzentrierten sich bislang auf das «Chaos», das an deutschen Bahnhöfen am vergangenen Wochenende betrachtet werden konnte.
Halbtax streichen und immer 1/2 Preis, weitere Vergünstigungen für <18. Das wäre mal ein Anfang wenn der ÖV attraktiver und bezahlbarer sein soll!
Die deutschen Bahnbetreiber wurden von der Politik völlig überrumpelt und haben nun die schlechte Presse wegen der überfüllten Züge, dabei hatten sie gar keine Chance sich darauf vorzubereiten.