«Die vier grössten Umweltprobleme sind: Der Mensch ist dumm, faul, egoistisch und kurzsichtig», sagte der Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich Reto Knutti in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Der Klimawandel-Stopp sei eine gesellschaftspolitische Frage.
«Fakt ist: Wir können den Klimawandel stoppen, denn wir verfügen über die notwendigen Voraussetzungen», so Knutti. Aber stritten etwa Parteien Fakten ab, werde es sehr schwierig.
Es gebe zu viele Partikularinteressen, politische Grabenkämpfe und kurzfristiges Denken. «Und das alles hat sich in den letzten Jahren akzentuiert.» Die Wende sei aber nicht nur bezahlbar, sondern auch viel günstiger als jedes Abwarten.
Die Schweiz werde die Auswirkungen des Klimawandels im Ausland finanziell viel stärker spüren als jene im Inland, da sie vom Export, Rohstoffhandel und globalen Finanzmarkt lebe. Für Änderungen brauche es aber einen systemischen Ansatz. «Individuelle Verantwortung ist schön und gut, funktioniert allein aber einfach nicht», so Knutti.
Laut dem Klimaphysiker müssten Verbrennungsmotoren abgeschafft und der öffentliche Verkehr ausgebaut, das Fliegen verteuern und nur noch mit synthetischen Treibstoffen erlaubt sowie rasch alle Öl- und Gasheizungen ersetzt werden. «Diese drei Massnahmen würden uns bereits auf einen Pfad bringen, der funktioniert.»
Allerdings bräuchte es dazu auch ein Wirtschaftsmodell, das nicht nur auf Wachstum, sondern auch Verzicht beruhe. «Schnell kommt dann aber das Argument der individuellen Freiheit – als würden wir in einer freien Welt leben!», so Knutti. Vorschriften gebe es überall, beim Bau oder im Verkehr etwa. «Wir sind uns doch alle einig, dass es ohne Regeln nicht geht. Die Idee, man dürfe niemandem etwas vorschreiben, ist Unsinn.»
Knutti plädiert dafür, die menschliche Psyche künftig mehr miteinzubeziehen:
Wir sind ein bisschen dumm, faul, egoistisch und kurzsichtig. Aber wir können den Klimawandel stoppen. Wir stehen uns einfach selbst im Weg.
— Reto Knutti (@Knutti_ETH) October 30, 2022
Interview @sonntagszeitung pic.twitter.com/cVhYud2txg
(dsc/sda)