Schweiz
Energie

5 Innovationen gegen die Hitze in der Stadt

So wollen Städte einen kühlen Kopf bewahren – 5 innovative Ideen gegen die Hitze

Der Klimawandel sorgt für höhere Temperaturen und für mehr Hitzetage. Davon betroffen sind insbesondere Städte. Wie im Sommer mit innovativen Ideen für mehr Abkühlung gesorgt werden kann, zeigen diese Beispiele.
22.06.2022, 14:28
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Der globale Klimawandel macht auch vor der Schweiz nicht halt. Bei weiter steigenden Treibhausgasemissionen kann es in der warmen Jahreszeit Mitte des Jahrhunderts in einem durchschnittlichen Jahr bis 4,5 Grad Celsius wärmer sein als heute.

Was mit der derzeit herrschenden Hitzewelle bereits deutlich spürbar wird: Noch stärker als die jahreszeitlichen Durchschnittstemperaturen steigen die Höchsttemperaturen. Die heissesten Sommertage können 2060 in einem durchschnittlichen Sommer bis zu 5,5 Grad Celsius wärmer sein als heute.

Laut dem NCCS, dem National Centre for Climate Services des Bundes, sind die ans Mittelmeer angrenzenden Grossregionen Europas und damit auch die Schweiz weltweit von einer der stärksten Zunahmen von Hitze-Extremen betroffen. Vor allem in den Städten wird die Hitzebelastung in Zukunft weiter zunehmen. Das stellt Städteplanerinnen vor grosse Herausforderungen. Rund um den Globus wird an Innovationen geforscht, wie Städte im Sommer abgekühlt werden können.

Bosco Verticale in Mailand

Bosco verticale in Mailand
Die begrünten Zwillingstürme, genannt «Bosco Verticale», zu deutsch «vertikaler Wald», stehen mitten in der italienischen Metropole Mailand. Bild: Imago

Bereits seit 2014 stehen mitten in Mailand zwei Hochhäuser, die von oben bis unten mit Pflanzen überzogen sind. 800 Bäume, 4500 Büsche und 15'000 kleinere Pflanzen sollen sich um die zwei Gebäude ranken. Solche grüne Fassaden haben mehrere Vorteile: Sie produzieren frischen, sauberen Sauerstoff und binden gleichzeitig CO2. Ausserdem wirkt die grüne Fassade wie eine Isolation. Im Sommer hält sie Hitze ab, im Winter Kälte. Die Pflanzen speichern zudem Regenwasser, das schrittweise in die Luft abgegeben wird und so die Umgebung abkühlt.

Es muss aber nicht gleich ein Wald auf einem Gebäude sein. Schon eine weniger umständliche Begrünung in der Stadt hilft, die Umgebungstemperatur zu senken. Inzwischen bemühen sich viele Initiativen darum, in den Städten mehr Fassaden und Dächer zu begrünen.

Die Türme haben aber ihren Preis. Bereits der Bau kostete 55 Millionen Euro. Hinzu kommen die Unterhaltungskosten. Denn die Pflanzen werden nicht von den Bewohnern gepflegt, sondern von extra dafür angestellten Gärtnerinnen. Entsprechend teuer sind die Wohnungen. Ein Quadratmeter kostet zwischen 12'000 und 15'000 Euro.

Kühlender Strassenbelag in Phoenix

Der helle Strassenbelag in Phoenix, die Hauptstadt des US-Bundesstaates Arizona.
Der helle Strassenbelag in Phoenix, die Hauptstadt des US-Bundesstaates Arizona.screenshot: youtube

Strassen, Trottoirs und Fahrradwege aus dunklem Asphalt absorbieren bei grosser Hitze viel Sonnenenergie, die sie nachts wieder abgeben. Laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) sind fast zwanzig Prozent des Bodens in Städten und in der Agglomeration von Strassen oder Trottoirs bedeckt – eine enorme Heiz-Fläche.

Dem entgegenwirken können Strassenbeläge aus hellem Asphalt. Diese heizen sich bis zu 7 Grad weniger auf als konventionelle Oberflächen. In der amerikanischen Stadt Phoenix im Bundesstaat Arizona wurden vor zwei Jahren in mehreren Stadtvierteln helle Strassenbeläge aufgetragen. Erste Ergebnisse des Projekts zeigen: Der helle Belag ist zu jeder Tageszeit kühler als herkömmlicher Asphalt. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur liegt mittags und in den Nachmittagsstunden bis zu 6 Grad Celsius tiefer als bei dunklem Belag.

Die verschiedenen Asphaltmischungen auf der Teststrecke in Bern.
Die verschiedenen Asphaltmischungen auf der Teststrecke in Bern.bild: bafu

Der Nachteil: Die Beschichtung und Farben halten nicht lange und die Strassen müssen alle zwei Jahre neu gestrichen werden. Gleichwohl gibt es auch in der Schweiz erste Tests mit hellem Belag. Ein Pilotprojekt vom BAFU probierte auf Teststrecken in Bern und Sitten verschiedenen Arten von Belägen aus. Das beste Ergebnis lieferte Kornersatz und Abstreuung. So konnte die Oberflächentemperatur bis um 12 Grad Celsius gesenkt werden. Noch ist unklar, inwiefern das Pilotprojekt weitergeführt wird.

Weisse Dächer in Las Vegas

Ein weisses Dach kühlt und reduziert die Klimatisierungskosten.
Ein weisses Dach kühlt und reduziert die Klimatisierungskosten. bild: shutterstock.

Helle Farben gegen Wärmespeicherung funktionieren nicht nur auf Strassen. Im Mittelmeerraum werden deshalb seit Jahrhunderten Häuser in hellen Farben gestrichen. Im hitzegeplagten Kalifornien gehören weisse Dächer seit einigen Jahren zur Klimastrategie. Neue oder renovierte Häuserdächer müssen eine helle Oberfläche haben, damit sie einfallendes Sonnenlicht reflektieren können. Das mildert die Hitze in den Städten. Zudem sinkt der Energiebedarf für die Gebäudekühlung.

Auch andere Städte wie New York setzen auf weisse Dächer zur Kühlung der Umgebung. Getüftelt wird zudem an verschiedenen Materialien, die diesen Kühleffekt noch verstärken sollen. Der Wissenschaftler Xiulin Ruan von der Purdue University im US-Bundesstaat Indiana entwickelte vor einem Jahr eine ultraweisse Anstrichfarbe, die 98,1 Prozent des einfallenden Sonnenlichts reflektiert. Der Forscher bezeichnet es als das weisseste Weiss der Welt. Messungen hätten gezeigt, dass sich damit Oberflächen in der Mittagssonne um bis zu vier Grad gegenüber der Umgebung abkühlten.

Sonnensegel in Sevilla

Die beschattete Calle Sierpes in Sevilla.
Die beschattete Calle Sierpes in Sevilla.bild: imago

Seit Anfang Juni sind in der spanischen Stadt Sevilla gewisse Gassen in der Altstadt mit Sonnensegeln bedeckt. Sie sollen die Fussgänger, insbesondere die Touristen, vor der grossen Hitze während der Sommermonate schützen.

Zu dieser Massnahme greifen seit einigen Jahren mehrere spanische Städte. Nebst Sevilla auch Madrid, Murcia, Loca und Cuidad Real. Die meisten Sonnensegel sind weiss. Teilweise zieren die Schattenspender auch bunte Muster, das die alten Gässchen auch optisch aufwertet.

Künstliche Wolke in Zürich

Der Nebelring über dem Turbinenplatz wird von der Firma Nephos angefertigt. Als Vorbild dient eine Installation, welche die Firma bereits 2018 an der Design Week in Mailand ausstellte.
Der Nebelring über dem Turbinenplatz wird von der Firma Nephos angefertigt. Als Vorbild dient eine Installation, welche die Firma bereits 2018 an der Design Week in Mailand ausstellte. bild: nephos

In vielen südeuropäischen Städten werden die Gäste von Restaurants im Sommer von feinen Düsen besprüht. Der erzeugte Nebel sorgt für eine angenehme Abkühlung, ohne dass man dabei nass wird. In den kommenden Wochen wird nun auch in Zürich eine solche Düse installiert. Allerdings eine viel spektakulärere, wie der «Tages-Anzeiger» kürzlich berichtete.

Sechs Meter über dem Turbinenplatz, einem Betonplatz, der im Sommer zu den heissesten Orten in der Stadt gehört, soll ein riesiger Aluminiumring installiert werden. Aus dem Ring soll ein feiner Wassernebel sprühen – sodass es aussieht, als schwebe eine Wolke über dem Platz. Dadurch soll die Temperatur auf dem Platz um mehrere Grade gesenkt werden.

Die künstliche Wolke über dem Turbinenplatz ist vorerst ein Testprojekt. In Betrieb genommen wird sie in den ersten zwei Juliwochen.

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«Kreative» Möglichkeiten, wie du dich abkühlen kannst
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«Kreative» Möglichkeiten, wie du dich abkühlen kannst
Wie ging das Sprichwort noch gleich: «Wo kein Kläger, da kein Richter.»
quelle: imgur
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Affenhitze im Zoo - so kühlen sich die Tiere ab
Video: srf
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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Felix Meyer
22.06.2022 15:48registriert September 2019
Die wirkungsvollste Massnahme fehlt: Flächen entsiegeln und bepflanzen.
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Fernrohr
22.06.2022 16:39registriert Januar 2019
Und wie wär's mit mehr Bäume pflanzen?
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Ali mini äntli
22.06.2022 16:25registriert September 2021
man sollte mehr Bäume pflanzen...
stattdessen wird munter weiter der Boden versiegelt und Flachdächer mit Chiis gefüllt.
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