Bei tropischen Temperaturen ist am Mittwoch in Locarno das 71. Internationale Filmfestival eröffnet worden. Bis am 11. August flimmern über 300 Filme aus 60 Ländern über die Leinwände – darunter 10 Schweizer Premieren.
Die erste Schweizer Uraufführung war bereits am Nachmittag in der angenehm kühlen Halle des Fevi zu sehen: die Rätoromanisch gesprochene Komödie «Amur senza fin» von Christoph Schaub. Im universellen Feel-Good-Movie belebt ein indischer Pfarrer mit unorthodoxen Anregungen das Liebesleben eines Bündner Dorfs.
Offiziell eröffnet wurde das Filmfestival am Abend auf der Piazza Grande mit einer Hommage an den US-Regisseur Leo McCaray (1898-1969), dem das Festival heuer seine Retrospektive widmet. Livemusiker begleiteten den Laurel- und Hardy-Klassiker «Liberty» aus dem Jahre 1929.
Für Amüsement und gute Feelings sorgte auch die nachfolgende Weltpremiere von «Les Beaux Esprits» von Vianney Lebasque. Im komödiantischen Drama - inspiriert durch eine wahre Begebenheit - mogelt sich ein französisches Basketballteam mit mehreren nichtbehinderten Spielern an die Paralympics von 2000 in Sydney.
Zu einer weiteren Schweizer Premiere kommt es am Montag auf der Piazza: Mit Spannung erwartet wird das neuste Werk von «Herbstzeitlosen»-Regisseurin Bettina Oberli. In «Le vent tourne», der im Jura spielt, sorgt der Bau einer Windturbine für Beziehungsturbulenzen.
Filme von Frauen sind in Locarno – wie an anderen Festivals – nach wie vor deutlich in der Unterzahl. Auf Initiative des Swiss Women's Audiovisual Network (SWAN) wird am Sonntag eine Charta für Gleichstellung und Diversität unterzeichnet. Damit verpflichtet sich das Festival, künftig eine Statistik zu erfassen und in seinen Organen einen Plan zur Gleichstellung umzusetzen.
Auf dem Roten Teppich werden mehrere internationale Stars erwartet: Ethan Hawke holt am 8. August einen Excellence Award ab und präsentiert auf der Piazza seinen neusten Film «Blaze». Im Blitzlichtgewitter stehen werden auch die US-Schauspielerin Meg Ryan oder der französische Oscar-Preisträger Jean Dujardin («The Artist»).
Im Internationalen Wettbewerb um die Leoparden sind 15 Filme im Rennen – darunter das Geschwister-Drama «Glaubenberg» von Thomas Imbach als einziger Schweizer Beitrag. Der aussergewöhnlichste Beitrag im Concorso Internazionale ist wohl der argentinische Film «La Flor» von Mariano Linas: Er dauert nicht weniger als 14 Stunden.
Die 71. Ausgabe des Filmfestivals ist die letzte unter der künstlerischen Leitung von Carlo Chatrian. Der 46-jährige Italiener wurde an die Spitze der Berlinale berufen, die er 2020 erstmals programmieren wird.
An der Auswahl an potenziellen Nachfolgern oder Nachfolgerinnen mangelt es gemäss Festivalpräsident Marco Solari nicht. Die Würfel seien aber noch nicht gefallen, betonte Solari am Mittwoch. Wer Chatrians Nachfolge antritt, wird voraussichtlich Ende August bekannt. (sda)