Das Inserat stach ins Auge. Anfang Januar schaltete das Verteidigungsdepartement (VBS) eine Annonce auf dem Newsportal watson. Und zwar nicht irgendwelche Werbung. Die Truppe von Bundesrätin Viola Amherd suchte per Inserat künftige Spioninnen und Spione. Oder, wie es im Inseratetext hiess:
Die derzeit 19 Schweizer Verteidigungsattachés (VA) sind gewissermassen die offiziellen Spione und Nachrichtenbeschaffer der Armee im Ausland. Es sind Offiziere, die an Schweizer Botschaften wie Paris, Washington, Peking oder Moskau akkreditiert und für mehrere Länder zuständig sind. Ab Juli wird in Äthiopien VA-Posten Nummer 20 eröffnet.
Die Attachés pflegen Kontakte und bauen Netzwerke auf, liefern regelmässig geheime oder weniger geheime Berichte in die Heimat.
Dass sich die Annonce ausdrücklich an beide Geschlechter richtete, hat einen guten Grund. Es besteht deutlicher Frauen-Nachholbedarf in diesem Bereich. «Derzeit gibt es keine weiblichen Offiziere im VA-Netz», hält Armeesprecher Daniel Reist fest.
Es gab sogar noch überhaupt nie einen weiblichen Verteidigungsattaché. Reist: «Es gab in der Vergangenheit lediglich eine weibliche Angehörige der Armee, die von 2001–2004 als Stellvertretende Verteidigungsattaché (Major) in Budapest eingesetzt war.»
Viola Amherd setzt sich unter anderem zum Ziel, die Armee und ihre Schlüsselpositionen weiblicher zu machen. Auf die Frage, ob die Armee jetzt gezielt den Frauenanteil bei den Attachés erhöhen wolle, antwortet Armeesprecher Reist: «Im Rahmen von Gleichstellung und Frauenförderung versuchen wir, insbesondere auch weibliche Angehörige der Armee für eine VA-Verwendung zu gewinnen. Es gibt aber explizit keine «Frauenquote» im VA-Dienst.» Für alle Bewerber und Bewerberinnen gälten die gleichen Anforderungen und Bedingungen.
Die Attachés haben gute Aufstiegschancen. Immer wieder wurden einstige Attachés in den letzten Jahren an die Spitze der Schweizer Geheimdienste berufen.
So war der derzeit amtierende Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), Jean- Philippe Gaudin, zuletzt Verteidigungsattaché in Paris. Er knüpfte dort wichtige internationale Kontakte, die ihm als Geheimdienstchef zweifellos von besonderem Nutzen sind.
Auch Peter Regli, von 1991 bis 1999 Chef der Untergruppe Nachrichtendienst des Generalstabs und damit Chef des Auslandgeheimdienstes, war einst Militärattaché. Und zwar in Stockholm. Regli stolperte 1999 über die undurchsichtige Affäre um Geheimdienst-Buchhalter Dino Bellasi.
Der Posten des Militärattachés galt bisher auch immer als Auffangstation für höhere oder hohe Offiziere, für die es in Bern gerade keine Verwendung gab.
Die VBS-Annonce von Anfang Januar war ein Werbespot für ein Selektionsverfahren für neue Verteidigungsattachés, das derzeit läuft. Melden konnte sich, wer mindestens den Rang eines Majors bekleidet.
Auf die Frage, ob die Armee denn Nachwuchsprobleme bei den Militärattachés habe, sagt Armeesprecher Daniel Reist: «Der VA-Dienst hat keinerlei Nachwuchsprobleme.» Aber die Stellen der Verteidigungsattachés würden «nicht einfach intern vergeben». Sondern: «Die Selektion steht seit 2001 für alle Offiziere ab Grad Major offen – insbesondere auch für Milizoffiziere von ausserhalb der Bundesverwaltung.»
Um die Milizoffiziere ausserhalb der Bundesverwaltung zu erreichen, so der Armeesprecher, müsse «die VA-Selektion über gängige Medienkanäle publik gemacht» werden. «Was neu ist im Gegensatz zu früheren Jahren: Wir setzen in Ergänzung zu den traditionellen Printmedien auch moderne elektronische Medien, Plattformen und Jobportale für die Ausschreibung ein, um möglichst viele Interessierte zu erreichen.» Unter der neuen VBS-Chefin Amherd wird das Rekrutierungsfeld also offensichtlich geöffnet.
Die VA-Ausschreibung erfolgt laut Reist alle zwei Jahre. Die nächste gibt es 2022.
(bzbasel.ch)