Der grüne Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey will für die Grünen zur Bundesratswahl antreten. Der 47-jährige Informatik-Unternehmer hat am Dienstag an einer Medienkonferenz der Grünen Freiburg sein Interesse angemeldet.
Andrey sagte zu seiner Kandidatur, heute sei ein Viertel der Bevölkerung nicht in der Landesregierung vertreten. Dort fehlten all jene, welchen Klimaschutz, progressives Unternehmertum und die Digitalisierung wichtig seien. Auch die jüngere Generation sei in der Landesregierung nicht präsent.
Im Bundesrat würde er sich für eine intakte Natur, ein solidarisches Zusammenleben und eine Kreislaufwirtschaft als Grundlage für ein gutes Leben heute und in Zukunft einsetzen.
Ein Sitz der Grünen in der Landesregierung wäre viel besser begründet als der zweite Sitz der FDP, sagte Andrey weiter. Die Grünen träten mit ihrer Kandidatur bei einer Gesamterneuerungswahl an. Eine solche Wahl dürfe nicht zum Vornherein entschieden sein. Sonst sei es keine echte Wahl.
Gerhard Andrey wuchs im ländlichen Heitenried im deutschsprachigen Freiburger Sensebezirk auf und wohnt heute in Granges-Paccot, einem Vorort der Stadt Freiburg. Ursprünglich lernte der Bauernsohn Schreiner und bildete sich danach zum Holzbetriebsingenieur und zum IT-Unternehmer aus.
2019 wurde er als erster Freiburger Grüner in den Nationalrat gewählt und machte sich dort rasch einen Namen. Bei den Wahlen vom 22. Oktober schaffte er es, seinen 2019 der SVP abgeknöpften Nationalratssitz zu verteidigen. Bei den Ständeratswahlen landete er nur knapp hinter Alizée Rey (SP) auf Rang fünf.
2007 gründete Andrey das Unternehmen Liip mit, das in der Entwicklung von Web-Software tätig ist und heute über 200 Angestellte an sechs Standorten in der Schweiz zählt. Laut dem grünen Freiburger Grossrat Bruno Marmier wäre Andrey im Fall einer Wahl der erste IT-Unternehmer in der Landesregierung.
Andrey habe sich in Bern sehr rasch ein politisches Profil geschaffen, sagte Mirjam Ballmer, grüne Gemeinderätin der Stadt Freiburg. Ihm gelinge es, aus einer Minderheitsposition heraus Mehrheiten zu schaffen.
Mit einer Motion ins Rollen gebracht habe er die staatliche E-ID. Auch für seine Forderungen nach mehr Verantwortungsbewusstsein im Finanzmarkt, schon vor der CS-Notfusion, sowie einen grünen Finanzmarkt habe er Mehrheiten hinter sich gebracht.
Andrey ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ausser Deutsch spricht er auch Französisch und Englisch sowie Spanisch. Seine Kinder sind bald 13- und 16-jährig, so dass das Bundesratsamt als Familie «zu stemmen» wäre, wie Andrey auf eine Frage sagte.
Andrey wäre nach einer Wahl der fünfte Freiburger Bundesrat. Dieser Kanton bliebe nach dem Ausscheiden von Bundespräsident Alain Berset (SP) Ende Jahr aus der Landesregierung nahtlos weiterhin dort vertreten. Zwischen 1999 und 2006 war Freiburg mit Joseph Deiss (CVP – heute Mitte) in der Landesregierung präsent.
Der Berner Grüne-Politiker Bernhard Pulver hat am Dienstag bekanntgegeben, dass eine Bundesratskandidatur seinerseits diesen Herbst nicht zur Diskussion stehe.
Es heisse aber nicht, dass er eine Kandidatur für alle Zukunft ausschliesse, sagte Bernhard Pulver der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. Diesen Herbst sei sein Ziel einen Ständeratssitz für die Grünen in Bern gewesen und nicht eine Bundesratskandidatur. Der 58-Jährige zog sich nach dem ersten Wahlgang aus dem Rennen für den Ständerat zurück.
Pulver war während zwölf Jahren und bis 2018 Regierungsrat im Kanton Bern. Aktuell ist er neben weiteren Tätigkeiten Präsident des Verwaltungsrats der Inselgruppe.
Auch die grüne Berner Regierungsrätin Christine Häsler hat kein Interesse an eine Bundesratskandidatur. Sie möchte sich weiterhin auf ihre Aufgabe als Bildungs- und Kulturdirektorin des Kantons Bern konzentrieren, wie Christine Häsler auf Anfrage der Nachrichtenagentur-Keystone SDA am Dienstag sagte.
Seit 2018 sitzt Häsler im Kanton Bern im Regierungsrat. Zwischen 2015 und 2018 war die 60-Jährige für die Grünen im Nationalrat. Zuvor politisierte sie im bernischen Grossen Rat und hatte mehrere Jahre den Fraktionsvorsitz inne.
Am vergangenen Wochenende hatten die Grünen Schweiz entschieden, am 13. Dezember der FDP einen Sitz im Bundesrat streitig zu machen. Andrey ist der erste Grüne, der offiziell Interesse anmeldet. Grünen-Präsident Balthasar Glättli hat sich aus dem Rennen genommen, ebenso die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone, die Tessiner Nationalrätin Greta Gysin und die Aargauer Nationalrätin Irène Kälin.
Bis Freitag nehmen die Grünen Kandidaturen entgegen. Über eine solche denkt beispielsweise die Zuger Nationalrätin und langjährige Regierungsrätin Manuela Weichelt nach. Sie wolle die nächsten Tage für Gespräche mit ihrer Familie, Freunden und Freundinnen sowie der Partei nutzen, teilte sie am Dienstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Als Kandidat im Gespräch ist laut Medienberichten auch der Glarner Ständerat Mathias Zopfi, der die Wiederwahl vor zehn Tagen auf Anhieb schaffte. Die Chancen der Grünen für einen Bundesratssitz werden aber als gering eingestuft.
Als Kandidat im Gespräch ist laut Medienberichten auch der Glarner Ständerat Mathias Zopfi, der die Wiederwahl vor zehn Tagen auf Anhieb schaffte. Die Chancen der Grünen für einen Bundesratssitz werden aber als gering eingestuft. (saw/sda)
José Jalapeño
"Freuen" wir uns also auf 4-8 weitere Jahre Ignazio Casperli
Sarkasmusdetektor
Hansueli_4