Fabian Molina ist bei der SP in der Causa «Corona-Leaks» für die Kommunikation zuständig – bedingt durch seine Mitgliedschaft bei der Geschäftsprüfungskommission GPK des Nationalrates. Für ihn ist klar: Die Vorwürfe müssen «selbstverständlich» aufgeklärt werden.
Doch man müsse drei Ebenen unterscheiden, schreibt er auf Anfrage an watson. Erstens seien nach wie vor mehrere Strafverfahren hängig, deren Ergebnis es abzuwarten gelte. Er schreibt: «Die Unabhängigkeit der Justiz ist zentral und Vorverurteilungen sind fehl am Platz.»
Zweitens sei es Aufgabe der GPK, die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu prüfen. Würden systematische Mängel im Bundesrat oder der Bundesverwaltung vermutet, würden diese untersucht und Empfehlungen abgegeben, um diese zu beheben.
Die GPK habe bereits kommuniziert, dass sie sich der Frage der Indiskretionen aus dem Bundesrat angenommen habe. Molina geht davon aus, dass die GPK die neuesten Hinweise in ihrer Arbeit berücksichtigen werde.
Die SP werde dies selbstverständlich unterstützen. Er schreibt: «Transparenz und vertiefte Abklärungen sind für das Vertrauen in die Institutionen wichtig, wenn solche Vorwürfe im Raum stehen.»
Und drittens, die (partei-)politische Perspektive: «Es ist schon auffällig, dass Unterlagen aus einem laufenden Strafverfahren ausgerechnet jetzt an die Medien gelangen.»
Forderungen, eine Parlamentarische Untersuchungskommission einzuberufen, oder Berset müsse zurücktreten, bezeichnet Molina als «durchsichtige Manöver der politischen Gegnerinnen und Gegner».
Auch die grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sagte am Sonntagabend in der «Tagesschau» von SRF, ihr komme das «eher wie eine Kampagne» vor. Sie ist Mitglied der GPK.
SVP-Nationalrat Alfred Heer, auch bei der GPK, forderte am Sonntag den Rücktritt von Berset. Seine Glaubwürdigkeit sei stark beschädigt und das Vorgehen habe mit «seriöser politischer Arbeit und unabhängigem Journalismus nichts zu tun», sagte er in der «SonntagsZeitung».
Molina rät zu Gelassenheit. «Lassen wir die Justiz und die GPK ihre Arbeit machen, dann können wir Bilanz ziehen.» Als nächsten Schritt will die GPK des Ständerats Berset bald zu einer Anhörung vorladen. Das sagte Werner Salzmann, SVP-Ständerat und Vizepräsident der GPK des Ständerats, am Sonntag gegenüber SRF.
Berset will die «illegalen Indiskretionen» nicht näher kommentieren. Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, das sich nicht gegen ihn richte, könne er dazu nichts sagen, sagte er am Samstagabend in der Sendung «Forum» des Westschweizer Radios RTS.
Der «Blick» wusste während der Covid-19-Pandemie oft vor dem Bundesrat, welche Massnahmen Berset beantragen wollte. Warum dem so war, machte am Samstag eine Recherche der «Schweiz am Wochenende» publik.
Peter Lauener war bis Juni 2022 Kommunikationschef von SP-Bundesrat Alain Berset und soll in dieser Funktion den «Blick» mit vertraulichen Informationen versorgt haben.
Adressiert waren seine E-Mails an den Ringier-CEO Marc Walder – stets unter dem Vermerk «wie immer vertraulich» oder «sehr unter uns».
Diese E-Mails liegen der «Schweiz am Wochenende» nach eigenen Angaben vor, ebenso Einvernahmeprotokolle. Diese wurden der Zeitung zugespielt und klärten darüber auf, warum Lauener im Sommer mehrere Tage in Untersuchungshaft gesessen haben soll.
So wurden bei Untersuchungen in der sogenannten «Krypto-Affäre» angeblich E-Mails gefunden, die den engen Kontakt zwischen Lauener und Walder belegten.
Daraufhin sollen auch Berset und Walder befragt worden sein. Der Bundesrat soll in der Einvernahme gesagt haben, dass er sich «in einer ungemütlichen Situation» befinde. Auf die Frage, warum es zu den erwähnten Indiskretionen kam, soll er lediglich gesagt haben: «Ich weiss es nicht.»
Walder wiederum bestätigte in der Einvernahme, dass er während der Pandemie «vielleicht wöchentlich» Kontakt mit Lauener hatte. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Aber ja, Mitleid ist fehl am Platz. Um aus einem Vergehen eine politische Schmierenkampagne zu machen, braucht es ja zuerst vor allem eins: ein Vergehen.