Es geht um Milliarden. Beim anstehenden Kauf von Kampfjets. Bei Bodluv, dem sistierten Projekt für eine Luftabwehr. Lobbyisten und Mittelsmänner von Rüstungsfirmen versuchen im und ums Bundeshaus Politiker und Meinungsmacher auf ihre Seite zu ziehen. Es winken fette Provisionen.
Jetzt heisst es von unerwarteter Seite: «Stopp!» SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz sagt: «Ich bin neu in der Sicherheitskommission (SIK), und ich bin erschrocken, wie die Lobbyisten hier unterwegs sind, mit welchen Methoden die Herstellerfirmen vorgehen. Man wird als Politiker direkt und indirekt angegangen, zum Essen eingeladen.» Er klemme das sofort ab, lasse sich per E-Mail informieren, um seine Meinung frei zu bilden. «Aber wer weiss, was sonst läuft, wie sich andere beeinflussen lassen? Es geht um Riesensummen in diesem Geschäft.»
Die Sorge von Amstutz: «Wer kontrolliert die Kontrolleure? Sind wir sicher, dass Mitglieder etwa der SIK oder der Aufsichtskommissionen, die die Geschäfte kontrollieren, nicht verdeckt Interessen vertreten oder Mandate von Anbietern haben?»
Er fordert
daher: «Politiker in solchen Gremien
müssen eine Erklärung unterschreiben,
dass absolut keine Abhängigkeiten
bestehen, dass sie keine nicht offen
gelegten Interessen vertreten. Wer
solche Interessen vertritt, darf insbesondere
nicht in Aufsichtskommissionen
mitarbeiten. Es braucht in diesem
korruptionsanfälligen Bereich volle
Transparenz.»
Amstutz will zudem ein neuartiges
Vorgehen bei Beschaffungen. «Die Experten
der anbietenden Herstellerfirmen
müssen bei Evaluationen an
einen Tisch gebracht werden, sie müssen
sich gemeinsam und gleichzeitig
den Experten von Bund und Politik
stellen. Dieses transparente, konfrontative
Vorgehen führt dazu, dass offene
Fragen direkt und ohne die Zwischenschaltung
von Mittelsmännern
geklärt werden können. Lobbyisten
und andere Dritte, die an den Beschaffungen
verdienen und auf sie Einfluss
nehmen, werden ausgeschaltet.»
Auch «mit dem teuren Swissfinish-Perfektionswahn»
will Amstutz Schluss
machen. Nicht nur bei der Rüstung,
sondern bei allen Beschaffungen des
Bundes: «Wir müssen künftig einsatzbereite
Produkte ab Stange kaufen,
ohne teuren Firlefanz. Das geht
schneller, ist günstiger, und man ist sicher,
dass es funktioniert.»
Politiker sollen unterschreiben, dass
sie sauber sind? SIK-Präsidentin Corina
Eichenberger (FDP, AG) sagt: «Ich unterstütze
diese Erklärung und würde
sie auch unterzeichnen.»
Auch CVP-Sicherheitspolitikerin Ida
Glanzmann (LU) ist «voll dafür, im Einzelfall
Erklärungen zu unterschreiben,
dass keine Abhängigkeiten bestehen.
Wie wir das in der sechsköpfigen Arbeitsgruppe
Bodluv tun mussten. Bei
solch heiklen Geschäften ist das richtig.»
Aber dass Mitglieder von Aufsichtsgremien
so etwas pauschal unterzeichnen
müssen, sei im Milizparlament
kaum praktikabel: Dann müssten
ja Bauern bei Bauernanliegen in den
Ausstand. «Gerade von der SVP erstaunen
solche Forderungen: Frau Martullo
sass bei der USRIII auch im Saal.»
Amstutz’ Offensive kommt auch bei
der Gruppe Schweiz ohne Armee gut
an. «Wir sind froh, dass endlich ein
bürgerlicher Politiker einsieht, was wir
seit Jahrzehnten predigen: Dass bei
Rüstungsbeschaffung nicht alles mit
rechten Dingen zugeht», so GSoA-Sekretär
Lewin Lempert. «Herr Amstutz
wird aber nicht umhinkommen, auch
Parteikollegen auf die Finger zu schauen.
Sie sind zum Teil ebenfalls mit Rüstungslobbyisten
verbandelt.»