Gregor Rutz oder Tiana Moser? Die Zürcher Wahlberechtigten entscheiden in zehn Tagen, wer den zweiten Sitz des Kantons im Ständerat besetzt. Die politisch Interessierten können sich an Wahlpodien eine Meinung bilden: Welcher der beiden Bewerber überzeugt sie mehr?
Normalerweise wäre es so. Tiana Moser, Nationalrätin der Grünliberalen, erklärt nun aber: «Es finden leider keine öffentlichen Debatten statt. Ich wäre flexibel und verfügbar.»
Eine politische Ausmarchung unter zwei Kandidaten ohne Streitgespräch vor Publikum? Warum ist das so? Es liegt an Gregor Rutz, dem SVP-Nationalrat.
Die Redaktion des «Tages-Anzeigers» plante eine Podiumsveranstaltung, aber Rutz gab den Journalisten zu verstehen, dass er nur am Mittag Zeit finde. Auch das Debattierhaus «Karl der Grosse» in der Zürcher Altstadt verschickte Anfragen für einen Anlass. Tiana Moser sagte sofort zu, Gregor Rutz wies die Einladung umgehend ab.
Im Knonauer Amt wollten GLP und SVP gemeinsam ein Podium mit den zwei Anwärtern für den Ständerat organisieren. Der Plan scheiterte an Terminschwierigkeiten.
Rutz und Moser hätten auch in der «Arena» des Schweizer Fernsehens gegeneinander antreten sollen. Mediensprecher Roger Muntwyler sagt: «SRF hat Herrn Rutz für eine Ständerats-«Arena» angefragt – wie auch andere Kandidatinnen und Kandidaten aus den Kantonen Aargau und Zürich. Leider kann Herr Rutz aus terminlichen Gründen nicht an dieser ‹Arena› teilnehmen.»
Unter den Zürcher Grünliberalen kommt das schlecht an. Nicola Forster, Co-Präsident der Partei, sagt: «In unserer direkten Demokratie sollten sich Politiker der öffentlichen Debatte stellen. Es scheint, dass sich Gregor Rutz dieser gutschweizerischen Tradition entziehen will.»
Warum diskutiert er nicht an einer öffentlichen Veranstaltung mit der Gegenkandidatin? Auf Anfrage verweist er auf Streitgespräche bei Tele Züri, Tele Z, Tele Top und Radio SRF. Mit der NZZ und dem «Tages-Anzeiger» seien gemeinsame Interviews geführt worden oder noch geplant. «Allerdings ist meine Agenda völlig durchgetaktet, da ich voll arbeite und der Wahlkampf neben allem stattfindet», schreibt Rutz. Das sei auch der Grund, warum er der «Arena» habe absagen müssen.
Der SVP-Kandidat betont, es sei «Quatsch», dass er nun im Wahlkampf kneife. Er scheue Diskussionen nicht.
Fakt ist: Eine Debatte vor Publikum findet im Kanton Zürich nicht statt, weil Gregor Rutz sämtliche Anfragen abgewiesen hat. Beobachter sehen zwei mögliche Gründe, warum er stets einen vollen Terminkalender vorschiebt.
Erstens hätten die Podiumsveranstaltungen vor allem in der Stadt Zürich stattgefunden. Die SVP hat da einen schweren Stand. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Sympathien des Publikums eher auf der Seite Mosers gelegen hätten.
Zweitens kommt es der SVP entgegen, wenn der Wahlkampf für den zweiten Ständeratssitz ruhig verläuft. Die Volkspartei versucht, möglichst viele der eigenen Anhänger an die Urne zu bringen. Die Unterstützer des rot-grünen Lagers und der Parteien in der Mitte sollen hingegen nicht angestachelt werden. Eine tiefe Wahlbeteiligung nützt tendenziell Gregor Rutz und nicht Tiana Moser.
Diese Strategie läuft darauf hinaus, den Gegner möglichst zu demobilisieren. Die SVP erreichte vor zweieinhalb Wochen im Kanton Zürich einen Wähleranteil von 27,4 Prozent, während die Grünliberalen auf 12,4 Prozent kamen. Tiana Moser muss mehr Wählerinnen und Wähler fremder Parteien von sich überzeugen als Gregor Rutz.
Ein Selbstläufer ist die Wahl für den SVP-Kandidaten freilich nicht. Die Mitte-Partei hat die Stimmfreigabe beschlossen. Und unter den Anhängern der FDP sind einige enttäuscht darüber, dass sich die freisinnige Kandidatin Regine Sauter nach dem ersten Wahlgang zurückgezogen hat. Um erfolgreich zu sein, ist Gregor Rutz auf eine substanzielle Unterstützung von FDP-Wählern angewiesen. (aargauerzeitung.ch)