«Wir sind nicht die kreativsten Köpfe», gab SVP-Chefstratege Christoph Blocher gestern in Bern unumwunden zu. Und in der Tat: Mit einem Griff in die Mottenkiste will die SVP ihre Initiative gegen Masseneinwanderung umsetzen. Man müsse bloss das Zuwanderungsregime aus der Schublade nehmen, das bereits zwischen 1970 und 2002 in Kraft war, sagte Blocher. Das habe damals wunderbar funktioniert.
Der Schwyzer SVP-Ständerat und Präsident der Staatspolitischen Kommission (SPK), Peter Föhn, stellte gestern zusammen mit Blocher und Fraktionschef Adrian Amstutz einen Antrag vor, mit dem die Volkspartei in der kleinen Kammer doch noch für eine in ihren Augen verfassungskonforme Lösung kämpfen will. Die Rezepte der SVP sind jährlich festgelegte Kontingente und Höchstzahlen, ein Inländervorrang und eine Beschränkung des Zugangs zu den Sozialwerken sowie des Familiennachzugs. Die meisten dieser Forderungen hat die SVP bereits im Nationalrat gestellt, ist damit im September aber nicht durchgedrungen. Sie dürften auch im Ständerat chancenlos bleiben.
Anfang nächster Woche befasst sich die SPK des Ständerats zum wiederholten Mal mit der Zuwanderungsfrage. Den nötigen Rückenwind für seinen Antrag erhofft sich Föhn von den Vertretern der zwölf Kantone und fünf Halbkantone, die am 9. Februar 2014 der Initiative zugestimmt haben. «Mit diesen 29 Stimmen hätten wir eine Mehrheit», sagte Föhn. Er werde die Betroffenen persönlich ins Gebet nehmen. Damit spurt die grösste Partei kommunikativ vor, wie sie in die ständerätliche Debatte in der Wintersession einklinken wird. Den «Inländervorrang light» – also die Stellenmeldepflicht, wie ihn der Nationalrat beschlossen hat – brandmarkten die SVP-Vertreter als eine «Null-Lösung». Der Volkswille werde dadurch «mit Füssengetreten».
Verschiedene Ständeräte haben bereits Verschärfungen des «Inländervorrangs light» angekündigt. So sollen Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, Stellensuchende aus den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Wird eine Inländer-Bewerbung abgelehnt, müssten Arbeitgeber das begründen. Diese Vorschläge geisselt Amstutz als «faktisch zusätzliche flankierende Massnahmen» und «dunkelrote Gewerkschaftspolitik». Sie führten zu einer ausufernden Bürokratie. Ein Kontingentsystem dagegen sei viel effizienter.
Von Höchstzahlen ausnehmen will die SVP Arbeitskräfte, die sich für weniger als neun Monate in der Schweiz aufhalten. Diese Idee lehnt sich an das frühere Saisonnierstatut an. Von diesem profitierten vor allem Landwirtschaft, Baugewerbe und Tourismus. Sie bekämen keine Sozialleistungen und dürften ihre Familie nicht nachziehen.
Dagegen wehren sich die Gewerkschaften: «Ein neues Kurzaufenthaltsstatut wäre unmenschlich und würde die prekäre Arbeit fördern», sagt Ewald Ackermann vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund.
Nach Ansicht Blochers wäre es die Aufgabe des Bundesrates, das Freizügigkeitsabkommen zu kündigen. Tue dieser das nicht, werde man eine Initiative auf Kündigung machen, sagte er. Die SVP stehe zwar ein für den bilateralen Weg, «aber nicht für jedes einzelne Abkommen». Er ist sich sicher: Die EU würde die Bilateralen niemals kündigen – zu gross sei ihr Interesse etwa am Landverkehrsabkommen. Und selbst wenn die Bilateralen dahinfallen, ginge die Schweiz nicht unter.
Frag mich wer so alte verbitterte Männer wählt