Bei der Stadtpolizei Bülach hängt der Haussegen seit nunmehr über einem Jahr schief. Der Grund: Viele Mitarbeitende hätten sich vom Polizeichef eingeschüchtert gefühlt – eine Kündigungswelle folgte. Dies ergaben mehrere «Blick»-Recherchen. Eine Geschäftsprüfungskommission (GPK) wurde eingesetzt, um den Sachverhalt zu klären und aufzuarbeiten.
Doch jetzt zeigt der Bericht ebendieser GPK, dass der Stadtrat die Aufarbeitung dieser Kündigungswelle massiv erschwert habe und den Polizeichef weiter schütze. Eine Chronik.
April 2023: Der «SonntagsBlick» machte publik, dass bei der Stadtpolizei Bülach innert sieben Monaten sieben Polizisten gekündigt hätten. Das ist ein Drittel der Belegschaft. Die Beamten seien zu kleineren Polizeien abgewandert oder hätten Jobs in anderen Kantonen angenommen. Ein Grund für die Kündigungswelle sei etwa die Entlassung des stellvertretenden Polizeichefs im August 2022 gewesen. Diese traf die Mitarbeitenden wohl schwer, da er als beliebt galt.
Eine Journalistin des «Blicks» hat im April 2023 mit drei Polizisten, die gekündigt hatten, gesprochen, um noch mehr über ihre Beweggründe zu erfahren. Diese berichteten von Angst vor ihrem Chef und von einem toxischen Führungsstil. Einer sagte gar: «Ich weiss nicht, ob die Bevölkerung uns noch vertrauen würde, wenn die wüsste, was bei uns läuft.»
Die anonymen Mitarbeitenden sprachen dem Chef gegenüber ein vernichtendes Verdikt aus. Er sei cholerisch, nicht kritikfähig und misstraue seinen Mitarbeitenden. Die Situation sei schier unerträglich gewesen. Mitarbeitende hätten den Aufenthaltsraum verlassen, sobald der Vorgesetzte hereinkommen sei. Andere hätten so lange mit dem Mittagessen gewartet, bis er den Raum verlassen habe.
Brisant: Am Tag nach Erscheinen des Artikels des «Sonntagsblicks» bekundeten sowohl die Leitung der Bülacher Stadtverwaltung als auch Ressortvorsteher Daniel Ammann dem Polizeichef ihr volles Vertrauen aus, wie der «Zürcher Unterländer» schreibt. Diese Haltung scheint sich bis heute nicht geändert zu haben.
Seit 2015 steht der besagte Polizeichef an der Spitze der Stadtpolizei. Seine Ernennung sei von der Stadtregierung als eine Entscheidung zugunsten einer qualifizierten und engagierten Persönlichkeit betrachtet worden. Nach seinem Stellenantritt, sagte der Chef in einem Interview mit dem «Zürcher Unterländer», dass er ein offener Mensch sei, der mit nahezu jedem gut auskomme. Zudem sei es ihm wichtig, dass «faire Lösungen» gefunden werden können.
Ein Jahr ist es nun her, seit der «Sonntagsblick» über die Missstände in Bülach berichtet hatte. Am Montagabend präsentierte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) im Bülacher Parlament ihren Bericht zu den internen Konflikten in der Polizei. Der «Zürcher Unterländer» berichtete im Detail über die Szenerie.
Gleich zu Beginn der Präsentation habe die Parlamentarierin und GPK-Präsidentin Romaine Rogenmoser (SVP) den Stadtrat indirekt kritisiert. Sie sagte: «Ich bin froh, Ihnen in dieser Sache endlich etwas präsentieren zu können.»
Die Arbeit der GPK sei sehr schleppend vorangegangen, ihr seien von verschiedenen Seiten Steine in den Weg gelegt worden: «Wir waren sehr erstaunt, als uns der Stadtrat das direkte Gespräch mit den Mitarbeitenden des Polizeikorps verweigerte.» Die Kommunikation sei nur über eine Anwaltskanzlei möglich gewesen. Gesprächsversuche mit dem Polizeichef seien ebenfalls behindert worden.
Dennoch konnten Schlüsse gezogen werden: Die Analyse habe ergeben, dass es Meinungsverschiedenheiten darüber gab, wie polizeiliche Aufgaben erfüllt werden sollten. Es sei zu einer Kündigung gekommen, diese habe die anderen Mitarbeitenden dazu gebracht, auch zu kündigen. Das passiere nun mal, so Rogenmoser.
Aber: Die Untersuchung habe auch ergeben, dass die politische Führung zu spät auf Probleme im Korps reagiert und ihre Verantwortung erst spät wahrgenommen habe. Zudem seien die Mitarbeiter auf sich selbst gestellt gewesen und hätten zu wenig Unterstützung erhalten. Rogenmoser sagte: «Die Tatsache, dass es zu einer solchen Eskalation kommen konnte, lässt auf Führungsprobleme schliessen.»
Die GPK sei enttäuscht darüber, dass der Stadtrat für einen vergleichsweise einfachen Fall eine grosse Anzahl von Juristen mobilisiert hatte. Der Stadtrat habe erwartet, dass die GPK die Anschuldigungen im Artikel des Sonntagblicks zurückweist, doch dies sei der GPK nicht möglich gewesen, sagte Rogenmoser im Stadtparlament.
Der Stadtrat hingegen sieht das anders. Er scheint die Problematik weiterhin nicht wahrhaben zu wollen. Und: Das Thema sei abgeschlossen. Stadtpräsident Mark Eberli (EVP) sagte:
(jub)